Sommerakademie 2024
Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus

Antisemitismus und Antisemitismusprävention im Bildungsbereich

Sommerakademie des Forschungsnetzwerks Antisemitismus im 21. Jahrhundert in Kooperation mit dem Moses Mendelssohn Zentrum für europäische-jüdische Studien und der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus

16. – 17.09.2024, Universitätsbibliothek der TU und UdK Berlin, Fasanenstraße 88, 10623 Berlin

Die Sommerakademie wird als Bildungsurlaub anerkannt.

Programmübersicht

Anmeldung bis zum 6. Sept. 2024

Teilnahmebeitrag: 25 €

Anmeldeformular 

Workshop-Auswahl

Bitte senden Sie das ausgefüllte Anmeldeformular sowie Ihre Workshop-Auswahl an anmeldung.fona21@asf.tu-berlin.de und überweisen Sie den Teilnahmebeitrag auf das folgende Konto der TU Berlin:

Technische Universität Berlin
IBAN DE69 1009 0000 8841 0150 03
Berliner Volksbank 
BIC BEVODEBB

Verwendungszweck 1: 50000347_Sommerakademie_1-8001162-0
Verwendungszweck 2: Name der teilnehmenden Person

Hinweis: Ihre Anmeldung gilt erst mit Zahlung des Teilnahmebeitrages als verbindlich.

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Keynotes

Referent: Dr. habil. Klaus Holz

Antisemitismus zu definieren ist sehr schwierig. Weder wissenschaftlich noch politisch herrscht hierüber Einigkeit. Besonders gestritten wird über die Frage, was Kritik an der israelischen Politik von antisemitischen Angriffen auf den jüdischen Staat unterscheidet. Dieses Problem steht in den letzten Jahren im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen über Antisemitismus.

Der Vortrag wird grundlegende Muster der antisemitischen Feindschaft vor und nach dem Holocaust herausarbeiten. Die diversen Spielarten des Antisemitismus haben einen gemeinsamen Kernbestand: Das antisemitische Judenbild dient der Profilierung eines positiven Selbstbildes, in dessen Zentrum das Wunschbild einer Wir-Gruppe steht. Die Judenfeindschaft dient der Deutung der Welt aus der Sicht einer Wir-Gruppe: als Deutsche, als Christen, als Muslime, als Franzosen usw. Der Gegensatz zwischen Juden- und Selbstbild wird in einer Vielzahl von Stereotypen ausformuliert. Für die pädagogische Praxis ist dieser Ansatz entscheidend wichtig. Dient das negative Judenbild dazu, eine deutsche Identität, eine migrantische Position in Deutschland, eine antirassistische Haltung oder eine rechtsextreme Gesinnung zu formieren? Je nachdem, welche Selbstbilder involviert sind, sind andere Gegenmaßnahmen angemessen.

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Dr. habil. Klaus Holz arbeitete als Soziologe an den Universitäten Freiburg, Leipzig, Bielefeld und der Wirtschaftsuniversität Wien. Er leitete von 2000–2009 das Evangelische Studienwerk e.V. Villigst. Bis 2023 war er Generalsekretär der Evangelischen Akademien in Deutschland sowie Projektleiter eines Teilprojekts des Verbundprojekts „Christliche Signaturen des zeitgenössischen Antisemitismus“. 2014 wurde Klaus Holz in den „Unabhängigen Expertenkreis Antisemitismus der Bundesregierung“ berufen. Er ist u.a. Autor der Bücher „Antisemitismus gegen Israel“ (2021) und Mitherausgeber von „Was ist Antisemitismus? Begriffe und Definitionen“ (2024).

Referent: Dr. Marc Grimm

Der Antisemitismus ist flexibel und an diverse politische, religiöse und weltanschauliche Perspektiven anschlussfähig. Er ist eine „attraktive“ Ideologie, weil er Komplexität reduziert und sich als Welterklärungsideologie anbietet und damit Halt und Sicherheit in einer zunehmend komplexer werdenden Welt verspricht.

Schule ist ein Spiegel der Gesellschaft und so kann es nicht überraschen, dass sich Antisemitismus auch hier findet. Zugleich ist Schule der einzige Ort, an dem alle jungen Menschen unterrichtet werden – damit sie mündige, verantwortungsvolle Individuen und Mitglieder in einer demokratisch verfassten Gesellschaft werden. Somit ist Schule auch der Ort, an dem alle jungen Menschen über wirkungsvolle, präventive Maßnahmen gegen menschenverachtende Ideologien, wie den Antisemitismus, aufgeklärt werden können.

Im Vortrag wird die Auseinandersetzung mit Antisemitismus als Teil der Schulentwicklungsarbeit wie auch der unterrichtlichen Bildung vorgestellt. Gleichzeitig werden Grenzen und Herausforderungen der antisemitismuskritischen Bildungsarbeit diskutiert.

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Dr. Marc Grimm vertritt zurzeit die Professur für die Didaktik der Sozialwissenschaften an der Bergischen Universität Wuppertal. Zur Bildung gegen Antisemitismus hat er diverse Forschungsprojekte geleitet und Publikationen zum Themenbereich vorgelegt. Er ist Mitherausgeber der Reihe „Antisemitismus und Bildung“ im Wochenschau Verlag und leitet das Bielefelder Teilprojekt des Verbundforschungsprojekts EMPATHIA³.

Inputs

Referentin: Désirée Galert

Die aktuelle Situation in Israel/Palästina und die damit verbundenen Konfliktsituationen an Schulen stellen Lehrkräfte, Sozialarbeiter:innen und Schüler:innen insbesondere nach den Terroranschlägen der Hamas vom 7. Oktober 2023 vor eine enorme Herausforderung. Schüler:innen artikulieren Bedürfnisse, sich mit der Situation auseinanderzusetzen, haben familiäre Bezüge und vielfältige Fragen zu hochkomplexen, auch geopolitischen Sachverhalten. Sie können oftmals die in diversen Medien zirkulierenden Bilder, auf denen z.B. Gewalt gezeigt wird, nicht einordnen oder verarbeiten. Neben der Auseinandersetzung mit Widerspruchstoleranz als eine zentrale Kompetenz der politischen Bildung ist ein Bewusstsein für antisemitische und antimuslimische Fallstricke notwendig, um in heterogenen Schulsettings wirkungsvolle pädagogische Zugänge zu schaffen. Ebenso muss die eigene Haltung und Verortung in Bezug auf den Konflikt und damit in Verbindung stehenden Diskursen reflektiert werden, die wiederum die Arbeit mit den Schüler:innen prägen. Die Erfahrungen der Praxisstelle Bildung und Beratung als zentrale Anlaufstelle gegen Antisemitismus für Berliner Schulen, Best- und Bad-Practice-Beispiele werden in diesem Input vorgestellt sowie der Umgang mit aufgeladenen Emotionen im Zusammenhang mit dem „Nahostkonflikt“.

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Désirée Galert leitet seit 2018 die Praxisstelle Bildung und Beratung bei der KIgA, die vom Berliner Senat als zentrale Anlaufstelle für Schulen eingerichtet worden ist, um bei antisemitischen Vorfällen beratend zur Seite zu stehen. Weiterhin entwickelt, implementiert und evaluiert sie als pädagogische Leitung bei der KIgA Workshops und Projekttage für Lehrkräfte und Schüler:innen sowie Methodenschulungen für die Teamer:innen der KIgA. Sie hat Islamwissenschaften, Politikwissenschaften und Ethnologie in Berlin und Mitilini studiert.

Referent: Jan Rathje

Der Vortrag bietet eine kurze Einführung in den Zusammenhang von Verschwörungsmythen und Antisemitismus. Dazu werden Verschwörungsmythen und ihre Funktionen sowie anschließend die strukturellen Parallelen mit Jüdinnen:Judenfeindschaft erläutert. Darüber hinaus sind Verschwörungsmythen fester Bestandteil von Jüdinnen:Judenfeindschaft, die in allen Erscheinungsformen aufzufinden sind. Den Abschluss bildet eine Betrachtung von Verschwörungsmythen und Antisemitismus als Teil stigmatisierter Wissensbestände, der in der pädagogischen Praxis berücksichtigt werden sollte. Dieses Konzept bietet einen Ansatz, um Eintrittspunkte in problematische Milieus identifizieren und Radikalisierungsprozesse besser verstehen zu können.

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Jan Rathje ist Senior Researcher bei CeMAS und Politikwissenschaftler. Von 2013 bis 2014 war er in der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Schleswig-Holstein tätig. Zwischen 2015 und 2020 leitete er mehrere Projekte zu Verschwörungsideologien und Antisemitismus für die Amadeu Antonio Stiftung. Seine Forschungsschwerpunkte bei CeMAS umfassen Online-Rechtsextremismus, Verschwörungsideologien, Antisemitismus sowie Souveränismus von „Reichsbürgern“ und anderen.

Referent: Ingolf Seidel

Antisemitismus ist ein zentraler ideologischer Baustein der extremen Rechten. Er findet seinen Niederschlag als postnationalsozialistischer Antisemitismus in geschichtsrevisionistischen Positionen, die den Nationalsozialismus verklären ebenso wie in der Rede von einem angeblichen „Schuldkult“, der Deutschland auferlegt sei. Auch die grundsätzliche Leugnung oder Verharmlosung der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik, in der Regel als Holocaust-Leugnung bezeichnet, gehört in das Repertoire der extremen Rechten. Auch wie verschwörungsideologische Mythen, etwa von zionistisch besetzten Regierungen (Zionist Occupied Government, ZOG), korrelieren mit Erscheinungsformen eines israelbezogenen Antisemitismus, in denen dem jüdischen Staat das Existenzrecht abgesprochen wird.

Im Vortrag wird ausgewählten Erscheinungsformen des Antisemitismus anhand von Text- und Bildbeispielen aus den Bereichen von Neonazismus und Rechtsrock nachgegangen. Dabei wird aufgezeigt, wie vor allem Musik als Medium zur Normalisierung extrem rechter Weltanschauung fungiert.

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Ingolf Seidel ist Dipl. Sozialarbeiter/Sozialpädagoge. Seit Januar 2024 arbeitet er am Moses Mendelssohn Zentrum im Bereich Knowledge Transfer and Outreach, Regional- und Lokalgeschichte (Jüdisches Brandenburg). Von 2009 bis 2022 war er leitender Redakteur des geschichtsdidaktischen Online-Magazins des Bildungsportals ‚Lernen aus der Geschichte’. Er ist seit 2001 freiberuflicher Trainer der Jugend und Erwachsenenbildung mit Schwerpunkt auf den Themen aktueller Antisemitismus, Rassismus, gesellschaftliche Nachwirkungen des Nationalsozialismus, Kritik am Extremismusbegriff und Kritische Theorie.

Referentin: Prof. Dr. Ulrike Lembke

Die effektive Bekämpfung von Antisemitismus verlangt Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen von Prävention, Intervention und Repression. Prävention durch Bildung und Repression durch rechtliche Maßnahmen bedingen sich gegenseitig und müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Abschreckung ohne Bildungsarbeit verkommt zu reiner Repression und schafft Märtyrer und Legenden. Wird aber auf repressive Maßnahmen zum Schutz des demokratischen Gemeinwesens vollständig verzichtet, droht umgekehrt die Normalisierung von Hass und Hetze.

Antisemitismusprävention durch Bildung und repressive Antisemitismusbekämpfung werden von unterschiedlichen Akteur:innen geleistet und folgen unterschiedlichen Systemlogiken. Repression braucht klare Kommunikation, Konsistenz und Konsequenz. Bildung braucht Lernräume mit Fehlerfreundlichkeit und ohne Repressionen für „falsche“ Meinungen, aber Grenzen für die Art der Auseinandersetzung. Derzeit populäre Forderungen nach immer mehr rechtlicher Repression sind ebenso kontraproduktiv wie repressiver Druck von außen auf Bildungsinstitutionen. Dabei könnte ein klarer rechtlicher Rahmen eine wesentliche Unterstützung für Antisemitismusprävention durch Bildung sein.

Der Input soll wesentliche rechtliche Rahmenbedingungen und rechtspolitische Debatten rund um Antisemitismusprävention durch Bildung erläutern. Die Klärung von Rechtsfragen kann mehr Handlungssicherheit erzeugen. Vor allem aber soll vor dem Hintergrund unterschiedlicher Erfahrungen der Austausch darüber ermöglicht werden, wie Prävention und Repression als Maßnahmenfelder gegen Antisemitismus sich gegenseitig unterstützen können.

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Prof. Dr. Ulrike Lembke ist Freie Rechtswissenschaftlerin sowie Richterin des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin. Zuvor war sie als Professorin für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Universität Hamburg, der FernUniversität in Hagen und der Humboldt-Universität zu Berlin tätig. Sie ist seit August 2021 Projektleitung im BMBF-geförderten Verbundprojekt „Antisemitismus als justizielle Herausforderung (ASJust)“.

Referent: Dr. Benjamin Rensch-Kruse

Neuer Text: 
Judenfeindliche Einstellungen sind in Deutschland weit verbreitet. Während auf der einen Seite gesellschaftlicher Konsens darüber zu bestehen scheint, dass Antisemitismen entschieden entgegengetreten werden muss, wird auf der anderen Seite regelmäßig über Anfeindungen gegen Juden:Jüdinnen berichtet. Hier wird dann schnell der Ruf nach institutionellen Maßnahmen und pädagogischen Programmen laut, die judenfeindlichen Tendenzen in der Gesellschaft Einhalt gebieten sollen. Genannt und gefordert werden insbesondere die Bereiche Erziehung und Bildung, die als eine Art Brandmauer gegen das Übergreifen antisemitischer Sichtweisen betrachtet werden.

Auch deshalb sind in den letzten Jahren verstärkt Schulen als Orte möglicher Antisemitismusprävention in den bildungspolitischen Fokus gerückt. Dabei überrascht, dass der elementarpädagogische Bereich in dieser Hinsicht kaum eine Rolle spielt. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass der frühkindliche Umgang mit Antisemitismus bisher noch nicht erforscht wurde. So existiert nur wenig Wissen darüber, ob Antisemitismus in Kindertagesstätten überhaupt vorkommt und wenn ja, wie und inwiefern junge Kinder in ihrem alltäglichen Miteinander in Bildungseinrichtungen Antisemitismen aufgreifen und (re)produzieren. Der Input stellt auf der Grundlage von Forschungserkenntnissen praxisbezogene Überlegungen zur Diskussion, wie Antisemitismus in Kindertagesstätten begegnet werden kann.

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Dr. Benjamin Rensch-Kruse ist staatlich anerkannter Erzieher und hat Soziale Arbeit (B.A.) in Darmstadt und Allgemeine Erziehungswissenschaft (M.A.) in Münster studiert. Von 2017 bis 2020 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universtität Frankfurt im LOEWE-Teilprojekt „Zwischen Distinktion und Diskriminierung. Zur Bedeutung religiöser Positionierungen für Professionalität in Bildungsorganisationen“. Seit 2021 ist er Koordinator des Verbundprojektes „Antisemitismus in pädagogischen Kontexten. Religiös codierte Differenzkonstruktionen in der frühen und mittleren Kindheit“. 2022 wurde er am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt promoviert.

Workshops

Workshopleitung: Tabea Böker

Seit dem 7. Oktober ist die Auseinandersetzung mit Emotionen in Klassenzimmern und Workshopangeboten präsenter denn je. Im Workshop soll ausgehend von der aktuellen Situation das Verhältnis von Emotio und Ratio thematisiert und die Rolle von Emotionen in und für die politische Bildung verhandelt werden. Gemeinsam soll der Frage nachgegangen werden, ob und wie in Angeboten Raum für verschiedene Emotionen gleichzeitig geschaffen werden kann. Dabei wird zum einen der Umgang mit eigenen Emotionen der Lehrkraft oder des:der Teamer:in betrachtet. Zum anderen wird gefragt, welche unterstützende Bedeutung es auch für die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem sogenannten Nahostkonflikt haben kann, die Emotionen der Zielgruppen sag- und
hörbar zu machen.

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Tabea Böker arbeitet seit 2023 als stellvertretende Projektleitung „Digitale politische Bildung“ bei der KIgA. Zuvor war sie viele Jahre in verschiedenen Vereinen und Bildungsinitiativen im Bereich der antisemitismuskritischen und diversitätssensiblen Bildungsarbeit tätig. Ein aktueller Schwerpunkt ihrer Arbeit ist, Emotionen und Affekte durch digitale und gamifizierte Ansätze stärker in den Fokus Politischer Bildung zu rücken. Sie hat Nahoststudien und Politikwissenschaft in Berlin und Tel Aviv studiert.

Workshopleitung: Vicky Lessing

Wer sich im pädagogischen und zivilgesellschaftlichen Bereich mit Geschichte und Erinnerung beschäftigt, wird die kontroversen Debatten darüber mitbekommen haben, ob und wie Shoah und Kolonialismus zusammengedacht werden können. Dürfen sie miteinander verglichen und verbunden betrachtet werden, oder relativiert das die Besonderheit der Shoah? Birgt wiederum die Betonung der Einzigartigkeit der Shoah die Gefahr, die historischen Verbindungen zwischen beiden Menschheitsverbrechen zu verdecken oder gar die Bedeutung kolonialer Gewaltverbrechen in Vergangenheit und Gegenwart herunterzuspielen?

Wie wir erinnern, betrifft in der Regel die Gegenwart. Es geht unter anderem darum, wessen Geschichten zu erinnern und anzuerkennen sind, welche Schlussfolgerungen aus der Vergangenheit für das Jetzt – zum Beispiel mit Blick auf den Nahostkonflikt – abgeleitet werden und wie Antisemitismus und Rassismus im Feld der Erinnerung wirken. 

In diesem Workshop wollen wir uns mit produktiven Ansätzen zum Umgang mit Spannungsfeldern im Erinnern an Shoah und Kolonialismus beschäftigen und dabei auch andere bedeutende Gewaltverbrechen einbeziehen. Wie können wir in Bildung und zivilgesellschaftlichem Engagement konstruktiv und solidarisch mit den damit einhergehenden Herausforderungen umgehen, um verbindend zu wirken, statt Trennungen und Ausschlüsse zu (re-)produzieren?

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Vicky Lessing ist politische Bildnerin und Mediatorin. Sie hat einen Bachelor in Soziologie und Ethnologie und studiert interdisziplinäre Antisemitismusforschung. Sie arbeitet u.a. für die BildungsBausteine e.V. sowie für die Bildungsstätte Anne Frank. Ihre Schwerpunkte liegen in der diskriminierungskritischen Bildungsarbeit mit Jugendlichen und Erwachsenen mit dem Fokus auf Rassismus, Antisemitismus sowie auf jüdisches Empowerment.

Workshopleitung: Dr. Juliane Wetzel, Patricia Oulehla

Die Corona-Pandemie, der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die Terrorattacken der Hamas gegen Israel haben einmal mehr gezeigt, wie antisemitische Bildsprache einfache Erklärungen für komplexe Sachverhalte liefert. Über Social Media-Kanäle werden Stereotype aus dem jahrhundertealten Arsenal antisemitischer Bildsprache verbreitet und machen deutlich, dass Antisemitismus ein wandelbares Phänomen darstellt, das sich den Zeitläuften anpasst. Die etwa 11.000 Artefakte der weltweit größten Sammlung von antisemitischen Bildern des Holocaustüberlebenden Arthur Langerman am Zentrum für Antisemitismusforschung (ALAVA), bieten einen Fundus, der nahezu alle judenfeindlichen Stereotype und Fantasien vom 17. bis zum 21. Jahrhundert illustriert. Nach einem einleitenden Input zu verschiedenen Beispielen antisemitischer Bildsprache werden im Workshop Methoden der KIgA zur Auseinandersetzung mit Kontinuitäten antisemitischer Bildsprache v.a. am Beispiel des israelbezogenen Antisemitismus bzw. im Kontext des „Nahostkonflikts“ diskutiert.

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Dr. phil. Juliane Wetzel war mehr als 30 Jahre lang wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Antisemitismusforschung und leitet zurzeit ein Projekt der KIgA innerhalb des Kompetenznetzwerks Antisemitismus, gefördert durch “Demokratie leben”. Sie war Mitglied und Co-Koordinatorin des ersten und zweiten unabhängigen Expertenkreises des Deutschen Bundestages gegen Antisemitismus und von 2001–2024 Mitglied der Deutschen Delegation der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA). Seit 2023 ist sie Expertin bei der Erstellung eines drei-teiligen IHRA-Trainingsprogramms zur Auseinandersetzung mit Holocaust-Verzerrung/Verfälschung. Sie hat zahlreiche Veröffentlichungen zu den Themen Juden und Jüdinnen unter nationalsozialistischer Verfolgung, jüdische Displaced Persons, Rechtsextremismus und aktuelle Formen des Antisemitismus in Deutschland und Europa vorgelegt.

Patricia Oulehla ist Sozial- und Kulturanthropologin und Medienwissenschaftlerin und forschte im Rahmen ihres Studiums u.a. zu den Themen Alltagsrassismus und islamistischer Extremismus in den sozialen Medien. Bei der KIgA ist sie als Bildungsreferentin bei der Praxisstelle Bildung und Beratung u.a. für die Durchführung von Projekttagen und Fortbildungen für Jugendliche und Erwachsene sowie für die Entwicklung pädagogischer Methoden zuständig. Derzeit ist sie zudem an der Erstellung einer Online-Übersicht von Bildungsmaterialien zu „75 Jahren Staatsgründung Israel“ beteiligt und entwickelt Bildungskonzepte für den Umgang mit den Themen „Nahostkonflikt“ und israelbezogener Antisemitismus an Schulen. 

Workshopleitung: Dr. Janne Braband, Prof. Dr. Friederike Lorenz-Sinai, Marina Chernivsky

Angesichts eines wachsenden Antisemitismus im schulischen Kontext wird neben anderen Fächern dem Religionsunterricht in Erklärungen und Strategiepapieren eine wichtige Rolle für die Prävention und Bearbeitung von Antisemitismus zugeschrieben. Auch viele Lehrkräfte halten laut einschlägiger Studien die Beschäftigung mit Religion(en) ebenso wie die Begegnung mit Jüdinnen und Juden für wirksame Ansatzpunkte der Bildungsarbeit gegen Antisemitismus. Aus der jüngeren Forschung zu Antisemitismus in pädagogischen Kontexten wird jedoch deutlich, dass gerade Momente der Thematisierung des Judentums eine Reproduktion judenfeindlicher Ressentiments hervorrufen können. Für jüdische Schüler:innen kann der Religions- und Ethikunterricht an öffentlichen Schulen mit Othering-Erfahrungen und grenzüberschreitenden Adressierungen als Repräsentant:innen des Judentums einhergehen.

Der Workshop fragt, welchen Beitrag der Religionsunterricht zur Bearbeitung von Antisemitismus und zu seiner Prävention leisten kann und welche Rolle dabei die Thematisierung des Judentums spielt. Dafür werden Befunde aus zwei Studien vorgestellt und in ihren Zusammenhängen diskutiert.

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Dr. Janne Braband ist Diplompädagogin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im RelcoDiff-Teilprojekt „Religiös codierte Differenzkonstruktionen im schulischen Religionsunterricht“ an der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg. Sie forscht und lehrt zu den Themen Antisemitismus, Rassismus und Mehrsprachigkeit in Bildungskontexten der Migrationsgesellschaft.

Marina Chernivsky ist Psychologin und Verhaltenswissenschaftlerin. Sie ist Gründerin und Leiterin vom Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment und OFEK e.V. – Beratungsstelle bei antisemitischer Gewalt und Diskriminierung. Sie arbeitet und forscht u.a. zu Gefühlserbschaften der Shoah, transgenerationalem Trauma und Antisemitismus im Bildungswesen.

Prof. Dr. Friederike Lorenz-Sinai ist Erziehungswissenschaftlerin, Sozialarbeiterin und Erzieherin. Sie ist Professorin für Methoden der Sozialen Arbeit und Sozialarbeitsforschung der FH Potsdam. Sie forscht u.a. zu Aufarbeitung von (sexualisierter) Gewalt in Institutionen, institutionellen Schweigepraktiken, Antisemitismus an Schulen und Gedenkstätten sowie zu Wirkungen der Shoah in Erziehung und Bildung der Gegenwartsgesellschaft.

Workshopleitung: Julia Kleinschmidt, Ingolf Seidel

Jüdische Geschichte wird noch immer vor allem als Verfolgungs- und Opfergeschichte im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus unterrichtet. Das Pilotprojekt „Jüdisches Leben in Brandenburg“, welches das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien in Kooperation mit dem Dalton-Gymnasium Potsdam durchführt, verfolgt einen breiteren Ansatz: Schüler:innen sollen dazu ermutigt werden, sich über das Bildungsangebot hinaus mit Themen jüdischen Lebens zu befassen. Jüdisches Leben soll in seiner Diversität dargestellt und in der Vielschichtigkeit anhand von verschiedenen Biografien und Strömungen verstanden werden. Das Moses Mendelssohn Zentrum hat bereits für das Schuljahr 2022/23 mit drei Klassen der Jahrgangsstufe sieben Projekttage zu Orten jüdischen Lebens in Potsdam durchgeführt. 

Der diesjährige Programmschwerpunkt des Projekts liegt auf der Geschichte von Jüdinnen und Juden in der brandenburgischen Kreisstadt Eberswalde sowie auf dem früheren Messingwerk der jüdischen Fabrikantenfamilie Hirsch im Ortsteil Finow. Dazu wurden Projektschultage mit drei 8. Klassen durchgeführt. Neben dem historischen Lernen wird im Projekt auch die Medienkompetenz gefördert. Dazu kam in diesem Jahr die App „Actionbound“ zum Einsatz, mit der sich digitale Schnitzeljagden online aufbauen lassen. Die Teilnehmer:innen des Workshops bekommen die Möglichkeit, sich ausgewählte Aspekte der spannenden und wechselvollen Geschichte des Judentums in Eberswalde-Finow selbst zu erarbeiten.

Für die Teilnahme an diesem Workshop wird ein Laptop benötigt.

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Julia Kleinschmidt Julia Kleinschmidt ist Historikerin. Seit 2010 ist sie Redakteurin in der Fachzeitschrift „WerkstattGeschichte“. Nachdem sie zunächst an der Universität Göttingen als wissenschaftliche Mitarbeiterin zum Durchgangslager Friedland und beim Aktionsbündnis Brandenburg gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Rassismus arbeitete, wechselte sie 2022 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an das Moses Mendelssohn Zentrum in den Bereich Knowledge Transfer and Outreach (Jüdisches Brandenburg und Erinnerungskultur).

Ingolf Seidel ist Dipl. Sozialarbeiter/Sozialpädagoge. Seit Januar 2024 arbeitet er am Moses Mendelssohn Zentrum im Bereich Knowledge Transfer and Outreach, Regional- und Lokalgeschichte (Jüdisches Brandenburg). Von 2009 bis 2022 war er leitender Redakteur des geschichtsdidaktischen Online-Magazins des Bildungsportals ‚Lernen aus der Geschichte’. Er ist seit 2001 freiberuflicher Trainer der Jugend und Erwachsenenbildung mit Schwerpunkt auf den Themen aktueller Antisemitismus, Rassismus, gesellschaftliche Nachwirkungen des Nationalsozialismus, Kritik am Extremismusbegriff und Kritische Theorie.

Referent: Dr. Matthias Springborn

Der angebotene Workshop basiert auf einem Projekt des Leibniz-Instituts für Bildungsmedien, welches z.Z. einen Medienvergleich durchführt: der Darstellung von Jüdischem in Geschichtsschulbüchern der 1970er bis 1990er Jahre einerseits. Dabei handelt es sich und den in dieser Zeit in der Bundesrepublik aufkommenden populären Geschichtsmagazinen für Erwachsene andererseits. Dabei handelt es sich um zwei Medienarten, die teilweise unterschiedlichen Produktionslogiken (Bildung vs. Unterhaltung, politisch-fachwissenschaftlichem vs. gesellschaftlichem Diskurs) unterliegen. 

Der Workshop wird der Frage nachgehen, auf welche Weise die Darstellung von Judentum und jüdischer Geschichte von jenen Logiken mitbestimmt wird und welche diskursiven Ereignisse möglicherweise zu einem beschleunigten Wandel der Darstellungen beigetragen haben.

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Dr. Matthias Springborn ist Mitarbeiter im Verbundprojekt „Alltagskultur“. Er ist Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für Bildungsmedien | Georg-Eckert-Institut und bearbeitet dort Analyse-Projekte zu Darstellungen von Judentum und Antisemitismus in deutschen Schulbüchern.

Workshopleitung: Agata Kraj, Jannis Niedick

Dieser interaktive Workshop führt die Teilnehmenden in aktuelle Formen des Antisemitismus in sozialen Medien ein und stärkt sie darin, explizite und subtilere Erscheinungsformen zu erkennen und zu dekonstruieren. Er wurde im Rahmen des Verbundprojekts „RESPOND! Nein zu Judenhass im Netz!“ auf der Basis empirischer Studien partizipativ mit jungen Menschen entwickelt (anhand von Medientagebuch- und Fokusgruppenstudien). Der Workshop verwendet praktische Übungen, die darauf abzielen, die Medienkompetenz der Teilnehmenden in zweierlei Hinsichten zu stärken: Erstens soll ein kritisches Bewusstsein für die fließenden und sich ständig verändernden Erscheinungsformen von antisemitischem Hass im Internet geschaffen werden; zweitens lernen die Teilnehmenden, diese Fähigkeiten aktiv anzuwenden, indem sie Beispiele von Hassbotschaften dekonstruieren und die dahinter verborgenen Mythen und Verschwörungstheorien aufdecken.

Der als Multiplikatorentraining konzipierte Workshop richtet sich an Lehrkräfte und Pädagog:innen sowie an alle Nutzer:innen sozialer Medien, die ein besseres Verständnis dafür erlangen möchten, wie sich hasserfüllte Narrative online manifestieren und mit dem Ziel von Zwietracht und Polarisierung verbreitet werden.

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Agata Maria Kraj ist Politikpsychologin, die zurzeit als Projektkoordinatorin bei RESPOND! arbeitet. Zu ihren Forschungsinteressen gehören soziale Identität und Gruppenbeziehungen, Intersektionalität sowie Stereotypen, Vorurteile und Diskriminierung. Sie setzt sich für soziale und institutionelle Lösungen ein, die Vielfalt und Inklusion fördern.

Jannis Niedick hat Geschichtswissenschaft und Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Migrationspädagogik an der Universität Bielefeld studiert. Während des Studiums war er mehrere Jahre als Bildungsreferent für einen Jugendverband in der außerschulischen Bildungsarbeit tätig. Seit September 2021 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt RESPOND!.

Workshopleitung: Désirée Galert, Peter Husemann

In diesem Workshop werden ausgewählte Methoden vorgestellt und angespielt, die für eine diskriminierungskritische Antisemitismus-Prävention in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden können. Die Teilnehmer:innen setzen sich mit Chancen und Herausforderungen bestimmter methodischer Zugänge auseinander, die auf Grundlage diverser Ansätze politischer Bildung konzipiert sind und z.B. Widerspruchstoleranz fördern, Empathie ermöglichen oder Handlungsoptionen aufzeigen. Zentrale Themenfelder sind sekundärer/Post-Shoah-Antisemitismus, antisemitische Verschwörungsideologien und israelbezogener Antisemitismus. Darüber hinaus werden methodische und inhaltliche Verknüpfungen zu weiteren Ausgrenzungsmechanismen hergestellt, die in heterogenen Lernsettings von Bedeutung sind wie antimuslimischer Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Gemeinsam wird über Best-Practice-Beispiele diskutiert sowie aufgezeigt, auf welchen relevanten Plattformen verschiedene Bildungsmaterialien abgerufen oder angefragt werden können.

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Désirée Galert leitet seit 2018 die Praxisstelle Bildung und Beratung bei der KIgA, die vom Berliner Senat als zentrale Anlaufstelle für Schulen eingerichtet worden ist, um bei antisemitischen Vorfällen beratend zur Seite zu stehen. Weiterhin entwickelt, implementiert und evaluiert sie als pädagogische Leitung bei der KIgA Workshops und Projekttage für Lehrkräfte und Schüler:innen sowie Methodenschulungen für die Teamer:innen der KIgA. Sie hat Islamwissenschaften, Politikwissenschaften und Ethnologie in Berlin und Mitilini studiert.

Peter Husemann ist Bildungsreferent bei der KIgA. Er entwickelt und implementiert Methoden der politischen Bildung zur Anwendung bei Workshops und Projekttagen für Lehrkräfte und Schüler:innen. Zuvor war er beim Arthur Langerman Archiv für die Erforschung des visuellen Antisemitismus (ALAVA) des Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) dafür zuständig, die Sammlung Langerman für die internationale Forschung und Bildungsarbeit zugänglich zu machen. Er hat Politikwissenschaften und Geografie in Berlin studiert und beendet derzeit seinen M.A. im Studiengang Interdisziplinäre Antisemitismusforschung am ZfA.

Workshopleitung: Dr.-Ing. Katrin Keßler, Christoph Reichardt

Eine Möglichkeit, sich mit Schüler:innen dem Thema jüdische Geschichte niedrigschwellig und auf praktische Weise zu nähern bietet sich in nahezu jedem Ort in Deutschland – auf dem jüdischen Friedhof, von denen es etwa 2.300 gibt. Abgesehen von Pflegearbeiten, für die einige Schulen bereits Patenschaften übernommen haben, ist auch inhaltliche Arbeit auf jüdischen Friedhöfen denkbar. Die Themen, die hier angesprochen und erarbeitet werden können, sind vielfältig und können z.B. in den Geschichts-, Religions- oder auch Kunstunterricht eingebettet werden. Der Workshop bietet den Teilnehmenden Ideen für Schülerprojekte unterschiedlicher Altersstufen und Tipps für die Umsetzung.

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Dr.-Ing. Katrin Keßler hat Architektur studiert und ist seit 2009 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bet Tfila – Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa, TU Braunschweig. Ihre Forschungsschwerpunkte sind vor allem die jüdische Architekturgeschichte und jüdische Architekt:innen.

Christoph Reichardt ist Oberstudienrat am Gymnasium Beverungen (NRW) und unterrichtet die Fächer Deutsch und Geschichte. Zugleich ist er ehrenamtlicher Stadtheimatpfleger in seiner Heimatstadt. Er hat Geschichte, Soziologie sowie deutsche und englische Philologie an den Universitäten Paderborn, Göttingen und Wien studiert und veröffentlicht zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, zur NS-Zeit sowie zur jüdischen Geschichte.

Workshopleitung: Prof. em. Monique Eckmann

Antisemitismus wird nicht durch Bildung beseitigt, aber es gilt, mittels Bildungsmaßnahmen, Antisemitismen zu erkennen, Empathie mit den Opfern herzustellen sowie Gegenstrategien zu erarbeiten. Dazu braucht es nicht nur fachliches Wissen, sondern vielfältige pädagogische Kompetenzen.

Der Workshop stützt sich auf den Bericht „Pädagogische Auseinandersetzung mit aktuellen Formen des Antisemitismus. Qualitätsmerkmale und Spannungsfelder mit Schwerpunkt auf israelbezogenem und sekundärem Antisemitismus“, von Gottfried Kößler und Monique Eckmann für das Deutsche Jugendinstitut.

Im Workshop werden pädagogische Eckpunkte bezüglich antisemitismuskritischer Bildungsarbeit diskutiert, wobei nicht nur kognitive, sondern auch emotionale und affektive Dimensionen von Antisemitismus thematisiert werden. Antisemitismus soll im Kontext mit Rassismus gemeinsam angedacht werden, auch wenn nicht alle Konstellationen von Rassismen und Antisemitismen gleichzeitig behandelt werden können. Der multiperspektivische Umgang mit Kontroversen zum Nahostkonflikt ist erforderlich, ohne dass jede kontroverse Position dazu rassistisch oder antisemitisch sein muss; gleichzeitig muss aber jeder antisemitischen oder rassistischen Bemerkung klar Einhalt geboten werden.

Es ergeben sich also hohe Anforderungen an die Kompetenzen der Pädagog:innen, darunter Ambiguitätstoleranz, sowie eine permanente Selbstreflexion ihrer eigenen Positionen und Haltungen.

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Prof. em. Monique Eckmann ist emeritierte Professorin der Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Westschweiz in Genf. Sie hat zu den Themen Bildung im Bereich Rassismus/Antisemitismus, sowie zu Intergruppenkonflikten, Identitäten und Erinnerung geforscht, gelehrt und publiziert. Von 2004 bis 2018 war sie Mitglied der Schweizer Delegation bei der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA).

Referentin: Feride Aktaş

In diesem Kurzworkshop soll es um (problematische) Radikalisierungsprozesse (im Phänomenbereich Religiös begründeter Extremismus) und den Umgang mit betroffenen Personen gehen. Es geht um die Reflexion und Selbsterfahrung im vertrauten Rahmen zu folgenden Fragestellungen: „Was verbinde ich mit dem Thema Islam und Muslimen im Allgemeinen und warum?“; „Wie gehe ich mit religiös begründeten Konflikten um und warum?“

Der Workshop wird durch Hintergrundinformationen zu Radikalisierungsprozessen, sowie die Vorstellung von Unterstützungsmaßnahmen im Themenfeld begleitet – die Beratungsstelle Berlin wird mit ihrem Ansatz und der Arbeitsweise vorgestellt.

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Feride Aktaş leitet seit 2015 verschiedene Projekte unter anderem die Beratungsstelle Berlin bei Violence Prevention Network, welches durch die Landeskommission Berlin gegen Gewalt gefördert wird und Ratsuchenden im Themenfeld religiös begründeter Extremismus zur Seite steht. Sie ist selbst Beraterin und unterstützt vor allem Frauen aus ehemaligen Kampfgebieten des IS in der Reintegration.

 

Referent:innen: Tabea Böker

Die Digitalisierung und die gesellschaftlichen Veränderungen, die mit ihr einhergehen, berühren die politische Bildung auf verschiedenen Ebenen und werfen unterschiedliche Fragen auf. Etwa wie politisch Bildende auf die digitale Transformation reagieren und wie sich ihre Ansätze zum und im Digitalen verhalten. Im Workshop soll reflektiert werden, inwiefern sich eine digitale politische Bildung herauskristallisiert und welche Bedeutung der antisemitismuskritischen Bildung hierbei zuteilwerden kann. Vor allem setzen wir uns dabei mit Chancen und Grenzen von gamifizierten Ansätzen auseinander. Der Workshop gibt Einblicke in aktuelle Dynamiken und eröffnet den Raum, um über pädagogische Herausforderungen wie Potenziale erster Ansätze einer antisemitismuskritischen digitalen politischen Bildung zu sprechen.

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Tabea Böker arbeitet seit 2023 als stellvertretende Projektleitung „Digitale politische Bildung“ bei der KIgA. Zuvor war sie viele Jahre in verschiedenen Vereinen und Bildungsinitiativen im Bereich der antisemitismuskritischen und diversitätssensiblen Bildungsarbeit tätig. Ein aktueller Schwerpunkt ihrer Arbeit ist, Emotionen und Affekte durch digitale und gamifizierte Ansätze stärker in den Fokus Politischer Bildung zu rücken. Sie hat Nahoststudien und Politikwissenschaft in Berlin und Tel Aviv studiert.

Spotlights

Referentin: Susanna Kunze

Mit der Einwanderung russischsprachiger Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion ist die jüdische Gemeinschaft in Deutschland um ein Vielfaches angewachsen. Der daraus resultierende, deutlich gestiegene Bedarf an jüdischen Bildungseinrichtungen im Kinder- und Jugendbereich spiegelt sich insbesondere in der wachsenden Zahl jüdischer Schulen seit den 2000er-Jahren wider, die von jüdischen und nichtjüdischen Schüler:innen besucht werden. 

Der Vortrag schildert auf der Grundlage einer vergleichenden qualitativen Untersuchung an drei ausgewählten Schulstandorten die neue Entwicklung und Bedeutung jüdischer Bildung für die hier lebenden Jüdinnen und Juden. Anhand von ausgewählten Interviews mit Eltern, Schüler: innen, Lehrkräften und Schulleitungen in Frankfurt, Hamburg und Köln gewährt der Vortrag dabei neue Einblicke in die Funktionen jüdischer Schulen als religiöse Sozialisationsinstanz und als „Safe Space“, der zum einen vor Antisemitismus schützt und zum anderen einen jüdischen Erfahrungsraum bietet, der das Selbstbewusstsein und Selbstverständnis der Schüler:innen als junge Jüdinnen und Juden stärkt.

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Susanna Kunze, M.A. ist Historikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im BMBF-geförderten Forschungsprojekt „Religiös codierte Differenzkonstruktionen – jüdische Perspektiven“ am Institut für die Geschichte der deutschen Juden (IGdJ) in Hamburg. Sie forscht und publiziert zu Themen jüdischer Erziehung und Bildung, Jugendbewegungen und Antisemitismus im 20. und 21. Jahrhundert.

Referent: Dr. Jobst Paul

Die antisemitismuskritische Didaktik ist nicht nur mit dem Problem konfrontiert, die Differenz und Kongruenz zwischen antisemitischen und anderen Formen der Herabsetzung plausibel und kognitiv nachvollziehbar zu vermitteln. Zugleich besteht die Gefahr, bei der Aufklärung über Antisemitismus beim Blick der Mehrheitsgesellschaft auf sich selbst zu bleiben, wobei Jüdinnen, Juden und das Judentum weiterhin unsichtbar sind. Das hier vorgestellte Konzept möchte beide Probleme umgehen: Die kognitiv-linguistische Analyse von Antisemitismus (als Form der Herabsetzung) soll verknüpft werden mit einer Hinwendung zu den ethischen Grundlagen des Judentums, die in antisemitischen Argumentationen diskreditiert werden.

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Dr. Jobst Paul ist leitender Mitarbeiter im Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS). Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Binarismus- Analyse (im Rahmen der Kritischen Diskursanalyse), Analysen zum jüdisch-christlichen Konflikt, Studien zur jüdischen Sozialethik und die Erarbeitung der Grundlagen einer Didaktik gegen Ausgrenzung.

Referenten: PD Dr. Philipp Graf, Alexander Weidle

Die Art, wie der Nationalsozialismus in Deutschland aufgearbeitet wird, führt zu einer Reduzierung jüdischer Geschichte auf Verfolgung, Antisemitismus und Holocaust. Über die Realität, und damit auch die Pluralität jüdischen Lebens ist dagegen nur wenig bekannt. Auch in der Antisemitismusprävention kommt die Vermittlung von Wissen über das Judentum als Religion, über jüdische Geschichte und Kultur sowie über gegenwärtiges jüdisches Leben in Deutschland zu kurz – obwohl das Interesse an derartigen Materialien enorm ist, wie unsere Erfahrungen des vergangenen Jahres zeigen.

Das Spotlight stellt das zweite von drei „Themenheften für den Unterricht“ vor, das im BMBF-Projekt „Das Objekt zum Subjekt machen. Jüdische Alltagskultur in Deutschland vermitteln“ erarbeitet wurde. Es widmet sich Fragen der Sichtbarkeit jüdischen Lebens in Deutschland und beleuchtet diese anhand der Schwerpunkte „Kippa“, „Architektur“, „Gesellschaft“ sowie „Gemeinden“. Zugleich bezieht es die Folgen des Terrorangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit ein und fragt danach, was es bedeutet, sich in der Öffentlichkeit als Jude oder Jüdin zu erkennen zu geben.

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PD Dr. Philipp Graf ist Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow. Seit 2021 ist er Projektkoordinator im Verbund „Das Objekt zum Subjekt machen. Jüdische Alltagskultur in Deutschland vermitteln“.

Alexander Weidle ist wissenschaftliche Hilfskraft im Verbundvorhaben „Das Objekt zum Subjekt machen. Jüdische Alltagskultur in Deutschland vermitteln“. Er studierte Deutsch, Geschichte und Erziehungswissenschaften für gymnasiales Lehramt und arbeitet an einem Promotionsprojekt zur Vergemeinschaftung der „Buchenlanddeutschen“.

Referent: Volker Beck

Seit über 1700 Jahren ist jüdisches Leben auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands präsent. Trotzdem wird bis heute die traditionelle halachische Religionspraxis der Arbeitsruhe am Schabbat, an Yom Kippur und den anderen hohen jüdischen Feiertagen im deutschen Arbeits-, Hochschul-, Schul- und Feiertagsrecht kaum berücksichtigt. Das Feiertagsrecht ist von christlichen Vorstellungen geprägt. Konflikte wegen Examina oder am Arbeitsplatz sind deshalb alltäglich.

Dieser Vortrag erörtert religionsfreiheitliche Bedarfe und mögliche Gesetzesänderungen, die jüdische Praxis an Schabbat und Feiertagen nach Art. 4 Grundgesetz garantieren. In dem Vortrag soll beleuchtet werden, dass Feiertag nicht gleich Feiertag ist. Gleichzeitig soll definiert werden, was zu tun ist, wenn die Glaubensfreiheit von Jüdinnen und Juden auch gesetzlich ausbuchstabiert wäre. 

Dabei wird auch der Rahmen des Umgangs mit religiösen Feiertagen im Alltag erörtert: Was heißt Respekt in einer multireligiösen Gesellschaft in der Schule und am Arbeitsplatz? Was ist das religionsfreiheitsrechtliche Minimum und was wäre wünschenswert als Standard einer liberalen und integrativen Gesellschaftspolitik?

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Volker Beck ist Geschäftsführer und Gesellschafter des Tikvah Instituts gUG. Er leitet das Projekt Scientia im BMBF-Verbundprojekt „EMPATHIA³ – EMpowering Police Officers and TeacHers in Arguing
Against Antisemitism“. Nach seiner langjährigen Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter (1994–2017) war er als Lehrbeauftragter am CERES, dem Centrum für Religionswissenschaftliche Studien der
Ruhr-Universität Bochum, tätig. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) e.V. wählte ihn 2022 zu ihrem Präsidenten.

Referent: Kai E. Schubert

Aktuelle Antisemitismen beziehen sich – nicht erst, aber besonders seit dem 7. Oktober 2023 – häufig auf den Staat Israel. Der Bearbeitung des Nahostkonflikts in der Schule wird eine hohe Bedeutung zugeschrieben. Bislang ist dessen Behandlung in kaum einem schulischen Rahmenlehrplan obligatorisch, es bestehen große Unsicherheiten bei Pädagog:innen. Seit ca. 20 Jahren erarbeiteten unterschiedlichste Akteure didaktische Materialien zum Thema, doch fehlt es bislang an einer umfassenden Übersicht. Analysen zur Wirkung ihres Einsatzes liegen ebenso wenig vor wie systematische Rekonstruktionen der enthaltenen Annahmen in Bezug auf bildnerische Potentiale und die Unterstützung von Antisemitismuskritik.

Im Vortrag werden Beobachtungen und erste Ergebnisse eines Promotionsvorhabens vorgestellt. Welche einschlägigen Aspekte werden in den Materialien (nicht) thematisiert? Welche Verbindungen zwischen dem Nahostkonflikt selbst und Antisemitismus (in Deutschland) werden (nicht) hergestellt? Auf welche Dimension des Lernens wird abgezielt: Kognitive Wissensvermittlung, emotionales oder reflexives Lernen? Wo werden in Materialien Fallstricke und nichtintendierte Effekte sichtbar?

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Kai E. Schubert ist Politikwissenschaftler und Doktorand an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seine Arbeitsschwerpunkte sind politische Bildung zum Nahostkonflikt und (israelbezogenem) Antisemitismus sowie didaktische Materialien. Hierzu veröffentlichte er Fachtexte und ist in Bildungsprojekten, an Hochschulen sowie freiberuflich tätig. Er ist Stipendiat des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks. Im Herbst wird der gemeinsam mit Elizaveta Firsova-Eckert herausgegebene Band „Bildung über israelbezogenen Antisemitismus und den Nahostkonflikt“ im Budrich Verlag erscheinen (ISBN 978-3-8474-3099-5).

Referent: Dr. Özgür Özvatan

TikTok – Wo tagespolitisch Interessierte auf Extremist:innen treffen und zugleich höchst effektive Radikalisierungskampagnen laufen, deren Weichen der Algorithmus selbst legt. Die gezielte Entsolidarisierung von Minderheiten und Communities passiert meist unterschwellig und rasend schnell. Wer eigentlich Solidarität braucht, erfährt sie meist erst, wenn es schon zu spät ist. Auf „sanfte“, fast fürsorgliche Art und Weise werden Hassideologien verbreitet und fallen auf den Nährboden stark emotionalisierter und politisch unzufriedener Personen und Gruppen.

Wie können wir sicher zwischen politischen Inhalten navigieren? Und welche Mittel kann eine wehrhafte Demokratie im Kampf gegen den digitalen Extremismus ergreifen? 

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Dr. Özgür Özvatan ist Vertretungsprofessor für Diversity & Social Conflict an der Humboldt-Universität zu Berlin. Zudem leitet er die Abteilung Integrationsforschung und Gesellschaftspolitik am Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung der HU Berlin. Er ist darüber hinaus Co-Founder und Geschäftsführer von Transformakers. Als Podcaster ist er Co-Host von „Berlin.Ost.Migrantisch“ und „Fußballdeutschland Postmigrantisch“.

Marktplatz und Beratung

Die Fachstelle Antisemitismus Brandenburg, in der Trägerschaft der KIgA e.V., ist unter anderem die zentrale Erstanlaufstelle für Betroffene von Antisemitismus für das gesamte Land Brandenburg und zuständig für das Monitoring antisemitischer Vorfälle und Straftaten. Darüber hinaus bietet die Fachstelle Beratungen sowie Fort- und Weiterbildungen zu den Themen Antisemitismus und jüdisches Leben an

Durch Formate wie die alljährliche Themenwoche „Jüdisches Kaleidoskop Brandenburg“, communitybasierte Projekte wie der „Jüdische Salon Brandenburg“ sowie Austausch- und Vernetzungsrunden wird eine langfristige Stärkung jüdischen Lebens durch die Fachstelle unterstützt.

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Die Website stopantisemitismus.de vereint Informationen, Handlungsempfehlungen und Argumentationshilfen gegen antisemitische Äußerungen und Übergriffe. Anhand dutzender Zitate oder Szenen aus dem deutschen Alltag wird aufgezeigt: Was ist an diesen Äußerungen problematisch? Wie kann man in dem Moment reagieren? Und wer hilft mir dabei? Die Seite ist eine Anlaufstelle für jene, die Haltung zeigen wollen. Sie kann informieren und für antisemitische Äußerungen sensibilisieren.

Am Stand geben wir Ihnen einen Einblick in die Website und bieten ein Mini-Argumentationstraining an. 

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Der New Israel Fund betreibt in Deutschland ein Programm, das israelische zivilgesellschaftliche Perspektiven und Methoden aus jüdisch-arabischen „Shared Society“-Projekten für die politische Bildungsarbeit adaptiert. Mit jungen Menschen und Multiplikator:innen werden Themen wie Vielfalt und Diskriminierung behandelt. Es werden Bildungsmaterialien zu israelisch-palästinensischen Zusammenhängen entwickelt und Erfahrungen in der Bildungsarbeit gegen Antisemitismus geteilt. Seit dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel am 7.10.2023 werden viele Gesprächsangebote an Berliner Schulen durchgeführt.

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Das Anne Frank Zentrum ist die deutsche Partnerorganisation des Anne Frank Hauses in Amsterdam. Mit Ausstellungen und Bildungsangeboten erinnert das Zentrum an Anne Frank und ihr Tagebuch. Es schafft Lernorte, in denen sich Kinder und Jugendliche mit Geschichte auseinandersetzen und diese mit ihrer heutigen Lebenswelt verbinden. Sie lernen gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und sich für Freiheit, Gleichberechtigung und Demokratie zu engagieren.

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Zentrale Säulen der Arbeit von Bildung in Widerspruch e.V. sind die Auseinandersetzung mit Antisemitismus, Rassismus und weiteren Phänomenen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Hierfür erarbeitet der Verein Hintergrundanalysen, pädagogische Konzepte, Webangebote und zivilgesellschaftliche Handlungsstrategien – diversitätssensibel, multiperspektivisch und adressat:innenorientiert.

Bildung in Widerspruch e.V. will mit politischer Bildungsarbeit dazu beitragen, menschenfeindlichen Ideologien der Ungleichwertigkeit entgegenzuwirken. Dabei ist das Ziel, die Bereitschaft und Fähigkeit des:der Einzelnen zur Selbstreflexion sowie zur Wahrnehmung (und zum Aushalten) von Widersprüchlichkeiten zu stärken. Gleichzeitig werden gesellschaftliche Dynamiken und Machtverhältnisse fokussiert. Nur in der kritischen Reflexion der individuellen wie der gesellschaftlichen Dimension können vereinfachende und verkürzende Sichtweisen sinnvoll bearbeitet und so langfristig Grundlagen für ein solidarisches Handeln geschaffen werden.

Das Team von Bildung in Widerspruch e.V. vereint Fachkompetenzen aus Pädagogik, Geschichte, Jüdischen Studien, Politikwissenschaft und Soziologie mit langjährigen praktischen Erfahrungen im Bereich der politischen Bildung. Der Verein bietet auch Fortbildungen zum pädagogischen Umgang mit Antisemitismus für Lehrkräfte und Multiplikator:innen an.

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Antisemitismus, Schoah und Nahostkonflikt sind im Schulkontext präsente und wichtige Themen. Dabei sind Jüdinnen und Juden häufig nur Gegenstand von Schulunterricht und Gesprächen. Es fehlen Räume, in denen sie ihre Perspektiven als hier und heute lebende Jüdinnen und Juden hörbar machen und selbst mitbestimmen können, wie sie wahrgenommen werden. Die Lebensrealitäten von Jüdinnen und Juden und jüdisches Leben in Deutschland heute sind Schüler:innen und auch Lehrkräften häufig nicht bekannt. Somit bleiben Jüdinnen und Juden eine abstrakte Vorstellung, eine Projektionsfläche, die mit stereotypen Bildern gefüllt und mit Vorurteilen belegt werden kann. Meet a Jew will das ändern. Durch das Medium der persönlichen Begegnung agiert und wirkt das Projekt auf zwei Ebenen: Empowerment und Antisemitismus-Prävention.

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Im Rahmen der diesjährigen Sommerakademie bieten wir zeitlich gestaffelte Beratungsslots zu konkreten Vorfällen aus Ihrem Arbeitsalltag an. Wenn Sie daran Interesse haben, und sich noch nicht angemeldet haben, können Sie sich bis Montagmittag, den 16.9.24, 13:30 Uhr vor Ort in die Listen eintragen. Die Beratungen finden am späteren Nachmittag nach der 1. Workshopphase parallel zum Marktplatz und den Spotlightvorträgen statt. Sie werden von der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus und OFEK e.V. durchgeführt.

Podiumsdiskussion

Diskussionsteilnehmende: Anastassija Kononowa, Ron Segal, Univ.-Prof. Dr. Sabine Achour, Désirée Galert
Moderation: Dr. Karen Körber

Auf dem Abschlusspodium am 17. September möchten wir ein Resümee der Akademietage ziehen und mit einer Diskussion um Rahmenbedingungen und Bedarfe antisemitismuskritischer Bildung verbinden. Eingeladen sind Gesprächspartner:innen aus unterschiedlichen Fachkreisen und Netzwerken. Désirée Galert vertritt hier das Führungsteam und die pädagogische Leitung der KIgA Berlin, und die Bildungsreferentin Anastassija Kononowa wird Einblicke in das schulpädagogische Projekt „Tikkun“ beim Jüdischen Bildungswerk für Demokratie – gegen Antisemitismus (JBDA) geben. Das Podium wird von Sabine Achour, Professorin für Politikdidaktik/Politische Bildung an der FU Berlin und Mitbegründerin des Interdisziplinären Zentrums für Inklusionsforschung Berlin (ZfIB) sowie von dem in Berlin lebenden israelischen Autor und Publizisten Ron Segal, der viel im israelisch-palästinensischen Dialog unterwegs ist, komplementiert. Moderiert wird diese Gesprächsrunde von Dr. Karen Körber, Projektleiterin des Verbundprojekts „Antisemitismus in pädagogischen Kontexten“.

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Anastassija Kononowa, geb. 1990 in Dnjepropetrowsk (heute Dnipro), Ukraine. 1994 Auswanderung nach Deutschland als jüdischer Kontingentflüchtling. Von 2009 bis 2015 Studium der Germanistik, Anglistik und Neueren Deutschen Literaturwissenschaft an der Leibniz Universität Hannover. Nach Stationen als Sprachassistentin am Goethe-Institut Ukraine, als Kooperationsmanagerin an der Humboldt-Universität zu Berlin und als Lehrerin im Quereinstiegsprogramm des Berliner Senats, ist sie seit 2020 als Bildungsreferentin beim Projekt „Tikkun“ des Jüdischen Bildungswerkes für Demokratie – gegen Antisemitismus in Berlin tätig.

Ron Segal ist ein israelischer Autor, Publizist und Filmemacher mit Sitz in Berlin und hat drei Romane sowie zahlreiche Kurzgeschichten und Artikel in Tageszeitungen und Zeitschriften veröffentlicht. Er hält regelmäßig Lesungen und Workshops vor unterschiedlichen Foren, vor allem aber in Schulen. Sein Roman Jeder Tag wie heute wird in diesen Tagen zu einem Zeichentrickfilm adaptiert. Ron Segal hat verschiedene literarische Preise gewonnen sowie das Arbeitsstipendium für nicht-deutschsprachige Literatur der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Berlin.

Univ.-Prof. Dr. Sabine Achour ist Professorin für Politikdidaktik und Politische Bildung am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Davor war sie Professorin für die Didaktik der politischen Bildung an der Philipps-Universität Marburg. Vor ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der FU Berlin unterrichtete sie als Studienrätin die Fächer Politik, Geschichte und Latein. Zurzeit ist sie außerdem stellvertretende Direktorin der Dahlem School of Education (DSE) und nimmt dort die Position der Studiendekanin wahr.

Désirée Galert leitet seit 2018 die Praxisstelle Bildung und Beratung bei der KIgA, die vom Berliner Senat als zentrale Anlaufstelle für Schulen eingerichtet worden ist, um bei antisemitischen Vorfällen beratend zur Seite zu stehen. Weiterhin entwickelt, implementiert und evaluiert sie als pädagogische Leitung bei der KIgA Workshops und Projekttage für Lehrkräfte und Schüler:innen sowie Methodenschulungen für die Teamer:innen der KIgA. Sie hat Islamwissenschaften, Politikwissenschaften und Ethnologie in Berlin und Mitilini studiert.

Dr. Karen Körber leitet am Institut für die Geschichte der deutschen Juden den Bereich jüdische Gegenwartsforschung.  Sie war u.a. Fellow am Jüdischen Museum Berlin und Vertretungsprofessorin am Institut für Europäische Ethnologie/Kulturwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg. Forschungsschwerpunkte: jüdische Migrationsgeschichte nach 1945, Erinnerungskulturen, Transformation der jüdischen Gemeinschaft seit den 1990er-Jahren. Sie ist Verbundleiterin im BMBF-Forschungsverbund „Religiös codierte Differenzkonstruktionen“ und Projektleiterin von „Blind Spot: Die Erinnerung an den Holocaust in der Ukraine in der deutsch-jüdischen Erinnerungskultur“ (Landecker Foundation). Publikation: Lebenswirklichkeiten: Russischsprachige Juden in der deutschen Einwanderungsgesellschaft, Göttingen 2022.

Ausstellung – Historischer und aktueller Antisemitismus

Historischer und aktueller Antisemitismus
Die Sammlung Wolfgang Haney und das Forschungsnetzwerk Antisemitismus im 21. Jahrhundert 
Eine Wanderausstellung 

Der Umgang mit historischen visuellen Antisemitika als Ausstellungs- und Anschauungsobjekte ist schwierig, bewegt er sich doch auf dem schmalen Grat zwischen Wissensvermittlung und ungewollter Weitertradierung. Gleichzeitig haben Sammler:innen große Konvolute mit ebensolchen Objekten angelegt, um diese als Mahnung und zu pädagogischen Zwecken zu erhalten. Antisemitika begegnen uns allerdings nicht nur in entsprechenden Ausstellungen und kommentierten Schulbüchern, sondern auch in Zeitungskarikaturen, im Internet und auch wieder vermehrt im Alltag. 

Viele stereotype Darstellungen, antisemitische Symbole und Hetzparolen aus vergangenen Jahrhunderten finden bis heute in bestimmten Kreisen der Bevölkerung Verwendung und werden nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie wieder weiter tradiert. Diese Tatsache veranschaulicht, wie gefährlich Unkenntnis werden kann, setzen sich Bilder und Parolen doch in Köpfen fest und schleichen sich in Argumentationsmuster ein – auch bei Menschen, die vorher keine expliziten antisemitischen Einstellungen hatten. Aus diesem Grund ist die Wissensvermittlung und Kontextualisierung am Objekt selbst als flankierende Maßnahme zur Bekämpfung des Antisemitismus und zur Prävention notwendig. Entscheidend für die Verwendung ist dabei, dass die verwendeten Objekte historisch eingeordnet und kommentiert werden. 

Der Tiefbauingenieur Wolfgang Haney (1927–2017) hat etwa 15.000 Objekte zur Geschichte des Antisemitismus in Deutschland und Europa, zur nationalsozialistischen Verfolgung von Jüdinnen und Juden sowie zur Erinnerungskultur nach 1945 gesammelt. In einer gemeinsamen Ausstellung des Verbundprojektes zur Sammlung Wolfgang Haney und des Forschungsnetzwerkes Antisemitismus im 21. Jahrhundert werden anhand von drei Objektgruppen des Bestandes die Langlebigkeit des Antisemitismus und seine gesellschaftlichen Herausforderungen in der Gegenwart auf eindringliche Weise verdeutlicht. 

Die Ausstellung ist während der Sommerakademie im Foyer der Universitätsbibliothek der TU und UdK zu besichtigen.