Sommerakademie 2023
Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus

Antisemitismus und Antisemitismusprävention in institutionellen Systemen – Grundlagen, Probleme, Best Practice

 

18. – 19.09.2023, Universitätsbibliothek der TU und UdK Berlin, Fasanenstraße 88, 10623 Berlin

In der Auseinandersetzung mit Antisemitismus wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen eingeleitet: Programme zur Antisemitismusbekämpfung wurden mit Unterstützung staatlicher Fördermittel aufgelegt und die verschiedensten Initiativen versuchen, eine Sensibilisierung für antisemitische Handlungen und Ressentiments herbeizuführen. Viele dieser Maßnahmen sind in institutionelle Systeme eingebunden, wie etwa in die Abteilungen der Antisemitismusbeauftragten der Länder und der Staatsanwaltschaften, in Meldestellen und Beratungen in Schulen, in die allgemeine Verwaltung, die Polizei oder die Justiz.

Gleichzeitig sind diese institutionellen Systeme auch Orte, an denen Antisemitismus stattfindet, antisemitische Vorurteile geäußert werden, Ressentiments – bewusst oder unbewusst – das Handeln beeinflussen.

Wir fragen uns: Wo und warum bedingen institutionelle Systeme antisemitische Denkweisen? Welche unterschiedlichen institutionellen Settings und Dispositionen liegen bisweilen vor und wie können sie aufgebrochen werden? Wie können institutionelle Systeme gegen Antisemitismus gestärkt werden und welche Best Practice Beispiele für antisemitismussensible Arbeit gibt es bereits?

Die Sommerakademie wird als Bildungsurlaub anerkannt.

Programmflyer

Programmübersicht

Teilnahmebeitrag: 25 €
Anmeldefrist: bis 08.09.2023

Anmeldeformular

Bitte senden Sie das ausgefüllte Anmeldeformular an anmeldung.fona21@asf.tu-berlin.de und überweisen Sie den Teilnahmebeitrag auf das folgende Konto der TU Berlin:

Technische Universität Berlin
IBAN DE69 1009 0000 8841 0150 03

Berliner Volksbank
BIC BEVODEBB

Verwendungszweck:
50000347_Sommerakademie_1-8001162-0

Hinweis: Ihre Anmeldung wird erst mit Eingang der Zahlung verbindlich bestätigt.

 

Alle Themenblöcke im Überblick

Antisemitismus in institutionellen Systemen wahrnehmen

Workshopleitung: Shila Erlbaum

Schule ist ein Spiegel der Gesellschaft. Antisemitische Einstellungen finden sich sowohl bei schulischen Akteuren als auch in Lehrmaterialien. Schule hat aber auch den Auftrag und die Möglichkeit, alle Kinder und Jugendlichen zu erreichen, um aufzuklären, zu Verantwortungsbewusstsein zu erziehen und antisemitischen Haltungen etwas entgegenzusetzen. Welche Konzepte und Initiativen gibt es, Judentum zu vermitteln und Antisemitismus zu begegnen?

Der Workshop gibt einen Überblick über die Befunde zu Antisemitismus im Kosmos Schule und beschreibt deren Auswirkungen auf die jüdische Gemeinschaft sowie auf deren Bildungsarbeit. Dabei werden auch die Analysen katholischer und evangelischer Religions- sowie Ethiklehrbücher im Hinblick auf die Darstellung des Judentums, die der Zentralrat der Juden in Deutschland durchgeführt hat, in den Blick genommen sowie die gemeinsamen Initiativen von Zentralrat der Juden und Kultusministerkonferenz.

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Shila Erlbaum, M.A., hat Jüdische Studien und Soziologie in Heidelberg und Jerusalem studiert. Seit 2004 ist sie Kultus- und Bildungsreferentin beim Zentralrat der Juden in Deutschland. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören der jüdische Religionsunterricht sowie die Darstellung des Judentums in Schule und Bildungsmaterialien. Sie hat an den gemeinsamen Erklärungen von Kultusministerkonferenz und Zentralrat mitgewirkt. In Zusammenarbeit mit dem Verband Bildungsmedien e.V. bietet sie Workshops mit Schulbuchverlagen zur Darstellung des Judentums in Religions- und Ethikbüchern an.

Workshopleitung: Prof. Dr. Rainer Kampling, Dr. Sara Han, Philipp Schlögl

Antisemitismus als gesamtgesellschaftliches Problem schließt eine kritische Analyse der Kirchen als einer der größten gesellschaftlichen Institutionen mit ein. Trotz der Ablehnung von Antijudaismus in beiden großen Kirchen, werden antijüdische Subtexte u.a. in Liturgie, Bildern und Ritualen nach wie vor tradiert. Klassische Antijudaismen finden sich auch in Religionsschulbüchern, obwohl sie einer kirchlichen Prüfung unterliegen. Auch wenn den Kirchen nach der Shoah eine gewichtige Rolle bei der Bekämpfung des Antisemitismus und bei der Entwicklung von Strategien der Begegnung und Wissensvermittlung zukommt, ist daran zu erinnern, dass die kirchlichen Institutionen weder im 19. Jahrhundert noch während und nach der Shoah ein antisemitismusfreier Raum waren.

Der christliche Antisemitismus wird gesellschaftlich, wenn überhaupt, als Vergangenheitsphänomen wahrgenommen und eine Aufarbeitung religiöser Antisemitismen geschieht weder in der Theologie noch in der historischen Antisemitismusforschung in dem Maße, wie es seine historische und gesellschaftliche Rolle erfordert. Anhand ausgewählter Beispiele will der Workshop den historischen und gegenwärtigen christlichen antijüdischen Motiven nachgehen, um die Transformationen antijüdischer Elemente der christlichen Tradition zu dechiffrieren und die Rückwirkung antisemitischer Stereotype auf Theologie und Kirchen offenzulegen. Ziel ist es, einerseits die antisemitischen Vorurteile in den Kirchen zu analysieren und andererseits die Relevanz theologischer Antisemitismusforschung zu erörtern. Die Analyse antisemitischer Vorurteile in den Kirchen verweist dabei auf ein Grundproblem, nämlich die Selbstdefinition durch Abgrenzung.

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Sara Han ist Postdoktorandin an der Freien Universität Berlin. Nach dem Studium der Judaistik und katholischen Theologie wurde sie mit ihrer Dissertation über Ernst Ludwig Ehrlich promoviert. Den Schwerpunkt ihrer Forschungen bilden die theologische Antisemitismusforschung und der jüdisch-christliche Dialog nach der Shoa.

Prof. Dr. Rainer Kampling ist katholischer Theologe. Er war von 1992 bis 2022 Professor für Biblische Theologie/NT am Seminar für Katholische Theologie der Freien Universität Berlin. Seit 2021 ist er Verbundkoordinator des Projekts „Christliche Signaturen des zeitgenössischen Antisemitismus“.

Philipp Schlögl studierte Philosophie, Romanistik (Französisch), Theologie und Geschichte in Wien und Berlin. Seit 2022 promoviert er über den Antisemitismus in den Schriften Paul de Lagardes und ihre Rezeption im 19. und frühen 20. Jh. im Kontext zeitgenössischer Bildungs- und Erziehungsdiskurse.

Workshopleitung: Jakob Saß, Sebastian Wehrhahn

Die in den letzten Jahren debattierten rechtsextremen Vorfälle bei der Bundeswehr um den Fall „Franco A.“, das „Nordkreuz“-Netzwerk, das Kommando Spezialkräfte und zuletzt um die Umsturzpläne der „Reichsbürger“ sind nicht allein gegenwärtige Konjunkturen radikalnationalistischer Bewegungen. Sie verweisen vielmehr auf jahrzehntelange Aktivitäten der extremen Rechten in und um die deutschen Streitkräfte, aber auch auf eine historisch gewachsene Sensibilisierung der Gesellschaft, der Politik und der Bundeswehr selbst gegenüber rechtsextremen Handlungen und Äußerungen von Soldaten. Dabei ging es auch immer wieder um eines der größten offiziellen Tabus der Bundesrepublik: den Antisemitismus, der auch unter Soldaten latent vorhanden war und sich in verschiedenen Formen zeigte, angefangen von „Judenwitzen“ bis hin zu Verschwörungsnarrativen, die das Mindset von Rechtsterroristen prägten. Der Workshop vergleicht historische und aktuelle Fälle von Antisemitismus in der Bundeswehr und den gesellschaftlichen und staatlichen Umgang damit. Welche Lernprozesse gab es? Welche Präventionsmaßnahmen wurden und werden entwickelt? Und vor welchen Problemen steht die Bundeswehr heute?

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Jakob Saß ist Historiker und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam an einer Promotion zum Thema „Die Radikale Rechte in der Bundeswehr und NVA (1955/56-1998)“. Er studierte im Master Public History und veröffentlichte im Studium eine Biografie des KZ-Kommandanten von Wewelsburg und Bergen-Belsen Adolf Haas.

Sebastian Wehrhahn studierte Philosophie in Berlin und ist Referent der Fraktion Die Linke im Bundestag für Antifaschismus/Rechtsextremismus. Er war zuvor als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Martina Renner, als Berater bei der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus sowie für das American Jewish Committee in Berlin tätig.

Workshopleitung: Prof. Dr. Jens Borchert

In Kooperation mit dem Anne Frank Zentrum und gefördert vom Bundesministerium der Justiz hat ein Team von Forscher:innen der Hochschule Merseburg von 2021 bis 2022 zu Antisemitismus im Strafvollzug empirisch geforscht. Dabei wurde insbesondere der Umgang mit antisemitischen Vorfällen in Jugendgefängnissen sowie Möglichkeiten der Prävention und Intervention untersucht. In vier Jugendstrafanstalten wurden insgesamt 32 Interviews mit Mitarbeiter:innen unterschiedlicher Abteilungen in Jugendhaftanstalten sowie mit politischen Bildner:innen externer Träger geführt. Unter den Befragten waren auch Jüdinnen und Juden, die in Justizvollzugsanstalten tätig sind und über antisemitische Vorfälle aus einer Betroffenenperspektive berichten.

Das Projekt leistete Pionierarbeit insofern, als dass Antisemitismus im Strafvollzug erstmals systematisch untersucht wird. Der institutionelle Blickwinkel auf Antisemitismus ermöglicht es, etwaige Spezifika sowie konkrete Handlungsempfehlungen für die Prävention, Intervention und den Schutz von Betroffenen im Kontext Haft herauszuarbeiten.

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Prof. Dr. Jens Borchert lehrt seit 2014 Sozialwissenschaft und Kriminologie an der Hochschule Merseburg. Forschungsschwerpunkte sind Bildungsarbeit in Haft und aktuelle sowie historische Perspektiven der Straffälligenhilfe. Er war von 1999 bis 2010 im Justizvollzug tätig und hat zur Geschichte des Strafvollzugs in Ostdeutschland promoviert.

Aktuelle Publikation: Idealisten im System - Alternative Ansätze im Strafvollzug aus dem letzten Jahrhundert in Schlaglichtern, in: Seehaus e.V. (Hrsg.), Alternative Strafvollzugsmodelle: 10 Jahre Strafvollzug in freien Formen in Sachsen. Rückblick und Ausblick, Köln 2022, S. 11–42.

Antisemitismus als Herausforderung institutioneller Systeme

Workshopleitung: Prof. Dr. Ulrike Lembke

Die (rechts-)staatliche Bekämpfung von Antisemitismus erscheint gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, aber auch der aktuellen Erscheinungsformen von Antisemitismus und deren erheblicher Zunahme als dringend gebotene staatliche Aufgabe. Das Grundgesetz selbst ist in weiten Teilen als explizite Antwort auf den staatlichen Terror im nationalsozialistischen Deutschland und insbesondere die Entrechtung und Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden zu verstehen. Ebenso wie viele Landesverfassungen sieht es die Bekämpfung von Antisemitismus aber auch als aktuelle Aufgabe an. Immer wieder betonen Bundesregierung, Bundestag und Bundesverfassungsgericht sowie andere staatliche Stellen deren fundamentale Bedeutung und die Verantwortung aller staatlichen Stellen.

Dennoch gibt es bislang nur wenig Rechtsmobilisierung gegen Antisemitismus. Betroffene scheinen das Recht selten in Anspruch zu nehmen und mit den Resultaten wenig zufrieden zu sein. Auch aus Rechtswissenschaft und in gesellschaftlichen sowie politischen Diskursen gibt es Kritik am rechtlichen Umgang mit Antisemitismus durch staatliche Stellen. Die geringe Zahl von erfolgreichen rechtlichen Maßnahmen gegen Antisemitismus wirft angesichts der steigenden Zahl von gemeldeten antisemitischen Vorfällen Fragen auf.

Problematisch scheint zu sein, dass Antisemitismus im Rechtsdiskurs oft auf die historische Perspektive verengt und mit Rechtsextremismus oder Nationalsozialismus gleichgesetzt wird. Auch scheint das Recht eher von denen mobilisiert zu werden, denen Antisemitismus vorgeworfen wird, als von denen, die davon betroffen sind. Da (insbesondere israelbezogener) Antisemitismus als „kontrovers“ gilt, wird der Meinungsfreiheit häufig ein absoluter Vorrang gegeben. Und viele rechtliche Möglichkeiten wie bspw. im Recht der öffentlichen Medien oder im Antidiskriminierungsrecht werden kaum genutzt.

Der interaktive Workshop möchte anhand einiger Fallkonstellationen die Herausforderungen der rechtlichen Erfassung und Bekämpfung von Antisemitismus diskutieren. Welche Formen von Antisemitismus werden als rechtlich relevant (an)erkannt, bei welchen gelingt dies seltener und warum? Was kann Recht gegen Antisemitismus leisten und wo kommt es an seine Grenzen? Was behindert eventuell den Zugang zum Recht, woran scheitert erfolgreiche Rechtsmobilisierung? Gibt es wesentliche Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtsgebieten, Behörden und Gerichtszweigen – und was könnte das für die Praxis bedeuten?

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Prof. Dr. Ulrike Lembke ist Professorin für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin und Leiterin der dort angesiedelten Teilprojekte des Verbundprojekts „Antisemitismus als justizielle Herausforderung“ (AS Just).

Workshopleitung: Dr. Benjamin Rensch-Kruse

Antisemitismus ist in Einrichtungen der frühen Kindheit mit einem Tabu belegt. Aus pädagogischer Sicht werden junge Kinder gemeinhin als ‚unschuldige‘ und ‚vulnerable‘ Akteur:innen wahrgenommen, die es vor bedrohlichen Einflüssen zu schützen gilt. Die Thematisierung von Antisemitismus im elementarpädagogischen Bereich erscheint hierbei in zweierlei Hinsicht problematisch:

Erstens wird davon ausgegangen, dass junge Kinder noch nicht über antisemitische Vorurteile verfügen und diese – wenn überhaupt – erst während der mittleren und/oder späten Kindheit verinnerlichen. Judenfeindschaft im Kontext früher Kindheit zu thematisieren erscheint in dieser Hinsicht als verfrüht bzw. unangebracht. Zweitens können Antisemitismus und die mit ihm verbundenen Verbrechen des Nationalsozialismus allgemein als eine Bedrohung für junge Kinder wahrgenommen werden. Aus dieser Perspektive sind Kinder vor der Konfrontation mit einem derart gewaltvollen und schuldbehafteten Phänomen zu schützen.

In Bezug auf Judenfeindschaft kann in Einrichtungen der frühen Kindheit von einer Dethematisierung gesprochen werden, d.h. Antisemitismus wird im institutionellen Setting schlichtweg ausgespart. Dabei steht die Frage im Raum, wie antisemitischen Ressentiments begegnet werden kann, wenn diese bei jungen Kindern (systematisch) ausgeblendet werden.

Der informative Workshop geht dieser Frage nach und stellt auf der Grundlage erster Erkenntnisse und Überlegungen eines an der Goethe-Universität Frankfurt angesiedelten Forschungsprojekts zur Diskussion, inwiefern die Dethematisierung von Antisemitismus im elementarpädagogischen Bereich auf institutionelle Strukturen zurückzuführen ist.

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Dr. Benjamin Rensch-Kruse ist staatlich anerkannter Erzieher und hat Soziale Arbeit (B.A.) in Darmstadt und Allgemeine Erziehungswissenschaft (M.A.) in Münster studiert. 2017 bis 2020 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universtität Frankfurt im LOEWE-Teilprojekt „Zwischen Distinktion und Diskriminierung. Zur Bedeutung religiöser Positionierungen für Professionalität in Bildungsorganisationen“. Seit 2021 ist er Koordinator des Verbundprojektes „Antisemitismus in pädagogischen Kontexten. Religiös codierte Differenzkonstruktionen in der frühen und mittleren Kindheit“. 2022 wurde er am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt promoviert.

Workshopleitung: Marina Chernivsky, Prof. Dr. Friederike Lorenz-Sinai, Prof. Dr. Juliane Karakayali

In den letzten Jahren hat es eine verstärkte gesellschaftliche Auseinandersetzung über institutionellen Rassismus gegeben. Der Begriff des institutionellen Antisemitismus ist dagegen bisher nicht etabliert. Ein Grund dafür ist, dass Antisemitismus in Deutschland eher als Einstellung und Weltanschauung untersucht wird, nicht aber als Diskriminierungsverhältnis, dem Juden und Jüdinnen in ihrem Alltag ausgesetzt sind.

In diesem Workshop werden wir zunächst – ausgehend von Studien zum institutionellen Rassismus – methodologische Zugänge für die Erforschung der Institutionalisierung von Diskriminierungsverhältnissen vorstellen. Anhand der Ergebnisse einer bundesweiten Studienreihe zu Antisemitismus in institutionellen Kontexten werden wir den Begriff des institutionellen Antisemitismus herleiten. Der Rahmen des Workshops bietet den Raum, methodologische und theoretische Leerstellen sowie offene Fragen kollegial zu diskutieren.

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Marina Chernivsky ist Psychologin und Verhaltenswissenschaftlerin. Sie ist Gründerin und Leiterin von Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment und OFEK e.V. – Beratungsstelle bei antisemitischer Gewalt und Diskriminierung. Sie arbeitet und forscht u.a. zu Gefühlserbschaften der Shoah, transgenerationalem Trauma und Antisemitismus im Bildungswesen. Seit 2017 ist sie Mitherausgeberin der Zeitschrift Jalta – Positionen zur jüdischen Gegenwart.

Prof. Dr. Friederike Lorenz-Sinai ist Erziehungswissenschaftlerin, Sozialarbeiterin und Erzieherin. Sie ist Professorin für Methoden der Sozialen Arbeit und Sozialarbeitsforschung der FH Potsdam University of Applied Sciences. Sie forscht u.a. zu Aufarbeitung von (sexualisierter) Gewalt in Institutionen, institutionelle Schweigepraktiken, Antisemitismus an Schulen und Gedenkstätten, Wirkungen der Shoah in Erziehung und Bildung der Gegenwartsgesellschaft.

Prof. Dr. Juliane Karakayali ist Professorin für Soziologie an der Evangelischen Hochschule Berlin. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören u.a. die Migrations-, Rassismus- und Geschlechterforschung. Aktuell leitet sie ein vom BMBF gefördertes Forschungsprojekt zu Beschwerden über Rassismus in der Schule. Sie ist Mitherausgebern der Zeitschrift movements – Journal für kritische Migrations- und Grenzregimeforschung und Mitglied im Rat für Migration.

Workshopleitung: Anke Henke

Die Polizei hat die Pflicht, Straftaten zu erkennen, zur Anzeige zu bringen, Ermittlungen zu führen und im glücklichsten Fall den Täter zu ermitteln. Polizeibeamtinnen und -beamte erhalten Unterricht im Eingriffsrecht und im Strafrecht sowie in den einschlägigen Polizeidienstvorschriften. Dazu kommen Seminare zur politischen Bildung und zu Hasskriminalität und es werden Merkblätter zu Hasskriminalität gegen die sexuelle Orientierung und zu Antisemitismus veröffentlicht.

Politisch motivierte Straftaten werden trotz aller Unterschiede seit 2001 einheitlich erfasst und nach dem Definitionssystem PMK im Rahmen des KPMD-PMK statistisch aufgearbeitet. Das Definitionssystem PMK wurde mehrfach umfassend überarbeitet. Die größten Veränderungen gab es zum 1. Januar 2017 mit der Einführung der neuen Phänomenbereiche „PMK -ausländische Ideologie-“ und „PMK -religiöse Ideologie-“. Diese Überarbeitung erfolgte auch unter Einbindung von Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die in mehreren Arbeitsgruppen das Definitionssystem studiert und Vorschläge für Veränderungen vorgelegt haben. Das Definitionssystem PMK berücksichtigt dabei sowohl die Motivation der Täter:innen als auch die Perspektive der Opfer. Gleichwohl ergeben sich immer wieder Differenzen zwischen den Statistiken zivilgesellschaftlicher Akteure und denen der Polizei und der Justiz. Im Workshop werden das Definitionssystem PMK und seine Neumodellierungen vorgestellt sowie seine Probleme aufgezeigt und gemeinsam mit den Teilnehmenden diskutiert.

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Anke Henke ist seit zwanzig Jahren im Staatsschutz des Landeskriminalamts Berlin tätig, nachdem sie zuvor im Staatsschutz des LKA Brandenburgs an der Einführung und Umsetzung des Definitionssystems Politisch motivierte Kriminalität und dem damit einhergehenden „Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK) beteiligt war. Heute fungiert sie als Koordinatorin der kriminalpolizeilichen Meldedienste Staatsschutz. Sie hält zudem Vorträge vor Studierenden und interessiertem Publikum, um den KPMD-PMK auch in der Öffentlichkeit transparenter zu machen.

Workshopleitung: Dirk Spengler 

§ 46 Abs. 2 des Strafgesetzbuches der Bundesrepublik Deutschland stellt in der Umsetzung grund- und menschenrechtliche Schutzpflichten klar heraus. Der Staat hat bei Straftaten im Zusammenhang mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit eine gesteigerte Untersuchungspflicht. Bei Verdacht einer rassistischen Motivation adressiert diese Norm die Gerichte, dies bei der Sanktionierung besonders zu prüfen. Im Vorlauf erstreckt sich diese Anforderung natürlich auch auf die Polizei und die Staatsanwaltschaft. Gleichzeitig sind gemäß der EU-Opferschutzrichtlinie Opfer rassistischer Straftaten besonders schutzbedürftig. Sekundäre und wiederholte Viktimisierung, Einschüchterung oder Vergeltung durch den oder die Täter:innen sind unabdingbar zu vermeiden. Mit der bundesdeutschen Kooperationsplattform Gemeinsames Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) bildet unter Beachtung des verfassungsgemäßen Trennungsgebotes eine ständige Einrichtung des Informationsabgleiches. Hierdurch ergeben sich beschleunigte Kommunikationswege, die Möglichkeit der Bündelung von Informationen und die Abstimmung operativer Maßnahmen.

Die Ausgestaltung dieser Konzeptionen wird in Berlin zur Umsetzung gebracht und ständig fortentwickelt. Der Staatsschutz LKA Berlin möchte im Rahmen des Workshops sein Aufgabengebiet und seine Kooperationen, sowie ausgesuchte Fallakten und die Sanktions-Praxis auf dem Gebiet der Bekämpfung der Hasskriminalität vorstellen.

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Dirk Spengler arbeitete viele Jahrzehnte im Einsatz zur Bekämpfung der allgemeinen Kriminalität. Ab Mitte der 1990er Jahre übernahm er zudem verschiedene Leitungsfunktionen. Seit 2013 leitet er das Fachkommissariat „Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ im Polizeilichen Staatsschutz des Landeskriminalamtes Berlin. Seit 2019 fungiert er als Multiplikator zum Thema Botschaftsverbrechen für verschiedene Institutionen, darunter die Verwaltung des Deutschen Bundestages, die Bundeswehr, die Berliner Feuerwehr, Berliner Berufsschulen, das Bundesinnenministerium, Opferschutz-Stiftungen und verschiedene Gliederungen der Polizei Berlin.

Antisemitismus aus jüdischer Perspektive

Workshopleitung: Dr. Jobst Paul, Jessica Hösel

In unserem Workshop möchten wir erarbeiten, wie die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft über das Judentum spricht und wie die Selbstwahrnehmung von Jüdinnen und Juden dazu in vielfältiger Weise im Kontrast steht.

Ausgangspunkte sind dabei eine Medienanalyse zum Thema „Judentum in der Alltagspresse“ (DISS Duisburg) und eine Interview-Studie mit Jüdinnen und Juden zur jüdischen Lebenspraxis (Heidelberger Hochschule für jüdische Studien). Die Konfrontation von Aussagen und Sichtweisen in Presseberichten mit Zitaten von jüdischen InterviewpartnerInnen zeigen erhebliche Perspektivendivergenzen.

Diese wollen wir im Workshop ganz konkret analysieren. Dazu betrachten wir verschiedene Begriffe und Themenfelder, die in der Quellenauswertung besonders deutlich hervorgetreten sind. So wollen wir insbesondere den Themenbereich Ethik des Judentums beleuchten und ebenso das jüdische Verständnis von Religion (und das der Mehrheitsgesellschaft).

Darüber hinaus wollen wir fragen, was es mit der häufig geforderten „Sichtbarkeit“ des Judentums auf sich hat. Was verstehen Jüdinnen und Juden und was verstehen Nichtjüdinnen und Nichtjuden unter jüdischer „Vielfalt“ und wie könnte all dies der (ebenfalls oft geforderten) Bekämpfung des Antisemitismus dienen? Dabei wird sich zeigen, dass sich Bedeutungsfelder nicht immer unmittelbar, sondern auch durch das, was unausgesprochen bleibt oder nur angedeutet wird, erschließen.

Zwar bewegen wir uns im Workshop entlang unserer eigenen Projektergebnisse. Da wir es aber mit konkreten Texten zu tun haben, legen wir den Fokus ganz besonders auf die gemeinsame Diskussion, um die Analyse nachvollziehbar zu machen, aber auch, um den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen Ideen und Erfahrungen einzubringen.

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Jessica Hösel ist Doktorandin an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf den Themenbereichen Rechtsextremismus, christlicher Fundamentalismus, Extremismen in der Mitte der Gesellschaft und Antisemitismus sowie auf der didaktischen Vermittlung.

Dr. Jobst Paul ist leitender Mitarbeiter im Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Binarismus-Analyse (im Rahmen der Kritischen Diskursanalyse), Analysen zum jüdisch-christlichen Konflikt, Studien zur jüdischen Sozialethik und die Erarbeitung der Grundlagen einer Didaktik gegen Ausgrenzung.

Workshopleitung: Dr.-Ing. Katrin Keßler, Dr. Helge-Fabien Hertz, Wolfgang Robertz

Die etwa 2.000 jüdischen Friedhöfe in Deutschland waren nach dem Zweiten Weltkrieg vielerorts die einzig noch sichtbare Erinnerung an jüdische Gemeinden. Aber auch in der frühen Nachkriegszeit waren sie nicht nur Angriffen ausgesetzt, sondern erlitten auch Schäden durch systematische Vernachlässigung seitens der Behörden. Die Bandbreite dieses strukturellen Antisemitismus reicht von nicht angemessener Nutzung des Geländes bis hin zur bewussten Abräumung von Friedhöfen.

Im ersten Teil des Workshops wird über den Umgang von Behörden und Justiz mit Schändungen jüdischer Friedhöfen in der Nachkriegszeit berichtet und diskutiert. Der zweite Teil befasst sich mit dem in den 1980er Jahren zögerlich einsetzenden Engagement nichtjüdischer Gruppen und Einzelpersonen für jüdische Friedhöfe. Vielfältige Vermittlungsprojekte für unterschiedliche Zielgruppen hat es seitdem auf jüdischen Friedhöfen gegeben – Schülerprojekte, Dokumentationen und Pflegeaktionen. Diskutiert wird über die Fragen: Wie erklärt sich der Wandel von einer aktiven Vernachlässigung hin zu der Aufmerksamkeit, die jüdische Friedhöfe heute teilweise haben? Welche "Best Practice"-Beispiele gibt es heute?

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Dr. Helge-Fabien Hertz ist Historiker und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen im Verbundvorhaben „Net Olam“. Er ist Leiter des Teilprojekts am Steinheim-Institut und Koordinator des Gesamtvorhabens. Zudem ist er Lehrbeauftragter an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Dr.-Ing. Katrin Keßler hat Architektur studiert und ist seit 2009 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bet Tfila – Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa, TU Braunschweig, und seit 2018 auch am Institut für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg. Forschungsschwerpunkte sind v.a. jüdische Architekturgeschichte und jüdische Architekt:innen.

Wolfgang Robertz, ehemaliger Zollfahnder, ist Beamter bei der Stadt Geilenkirchen und leitet dort den Kommunalen Ordnungsdienst. Er ist Mitglied der „Initiative Erinnern“. Nach der Schändung des Jüdischen Friedhofs in der Stadt war er Koordinator der Wiederherstellungsarbeiten und Vertreter im „Adhäsionsverfahren“

Workshopleitung: Volker Beck

Dieser Workshop erörtert mögliche Gesetzesänderungen, die jüdische Praxis an Schabbat und Feiertagen nach Art. 4 Grundgesetz garantieren. In einem Pilotprojekt „Religionsfreiheit für jüdische Feiertagspraxis in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Baden-Württemberg“ zeigt das Tikvah Institut den gesetzgeberischen Änderungsbedarf exemplarisch in drei Bundesländern auf. In dem Workshop soll beleuchtet werden, dass Feiertag nicht gleich Feiertag ist. Gleichzeitig soll definiert werden, was zu tun ist, wenn die Glaubensfreiheit von Jüdinnen und Juden auch gesetzlich ausbuchstabiert wäre. Auch in Berlin.

Seit über 1700 Jahren ist jüdisches Leben auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands präsent. Trotzdem wird bis heute die traditionelle halachische Religionspraxis der Arbeitsruhe am Schabbat und an den jüdischen Feiertagen im deutschen Arbeits-, Hochschul- und Feiertagsrecht kaum berücksichtigt. Konflikte wegen Examina oder am Arbeitsplatz sind deshalb alltäglich.

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Volker Beck ist Lehrbeauftragter für Religionspolitik am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) der Ruhr-Universität Bochum und CEO des Tikvah Institut gUG. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) e.V. wählte ihn 2022 zu ihrem Präsidenten. Zuvor war er 23 Jahre Mitglied des Deutschen Bundestags und bis 2017 Vorsitzender von dessen deutsch-israelischer Parlamentariergruppe.

Antisemitismusprävention in institutionellen Systemen

Workshopleitung: Dr. Sarah Jadwiga Jahn und Jana-Andrea Frommer

Im Umgang mit Antisemitismus begegnen institutionalisierte Systeme einer Vielzahl an Herausforderungen. Das betrifft unter anderem die Ebenen des Erkennens und Einordnens von Antisemitismus, das Handeln und das Schnittstellenmanagement in und zwischen Organisationen sowie den Umgang mit Betroffenen von Antisemitismus. Diese Herausforderungen ergeben sich nicht nur durch die in der Ausbildung und Fortbildung beschränkte Vermittlung von Wissensbeständen und Kompetenzen in Bezug auf das Thema Antisemitismus, sondern auch durch einen gesetzten Rechtsrahmen und die Zweckbindung der Mitglieder institutioneller Systeme. Um ein Bewusstsein für eigene Handlungsmöglichkeiten innerhalb der beruflichen Aufgabenwahrnehmung zu schaffen, benötigt es einen Zugang, der neben Sensibilisierung gegenüber Antisemitismus und davon betroffenen Personen das berufliche Selbstverständnis fokussiert und Reflexion ermöglicht.

In unserem Workshop zeigen wir auf, wie institutionelle Systeme durch einen berufszentrierten Zugang im Umgang mit Antisemitismus gestärkt werden können. Am Beispiel Polizei benennen wir zum einen berufsspezifische Herausforderungen im Umgang mit Antisemitismus in seinen vielfältigen Erscheinungsformen und stellen zum anderen einen empathiebasierten Zugang zur Antisemitismusprävention vor, der die Reflexion der eigenen beruflichen Herausforderungen und Aufgaben gemeinsam mit den Teilnehmenden in Übungen erprobt.

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Jana-Andrea Frommer, Kultur- und Sozialpsychologin, ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin im BMBF-Projekt EMPATHIA³ an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen (HSPV NRW). Ansätze der personenzentrierten Gesprächspsychotherapie und Beratung bilden die Grundlage ihrer Arbeit zu Vermittlung ethisch-politischer Bildung.

Dr. Sarah Jadwiga Jahn lehrt Ethik und Interkulturelle Kompetenz an der HSPV NRW. Sie ist Projektleiterin im Projekt EMPATHIA³, Fachvertreterin für Berufsrollenreflexion und Sprecherin des Instituts für Geschichte und Ethik der Polizei und öffentlichen Verwaltung (IGE) an der HSPV NRW. Jahn arbeitet zu ethisch-politischer Bildung in der Polizei.

Workshopleitung: Michael Gabriel, Robert Claus, Luis Engelhardt

Der Sport bietet in seinen vielseitigen und wandelbaren Erscheinungsformen besondere Gelegenheitsstrukturen für Antisemitismus. Viel zu oft werden antisemitische Vorurteile, Ausgrenzungen und Übergriffe nicht als solche erkannt oder es fehlt an Handlungskompetenzen zur adäquaten Bekämpfung und Bearbeitung von Vorfällen. Gleichzeitig liegen im Wesen des Sports aber auch herausragende Potenziale, um Begegnungen zu schaffen und Vorurteile aufzubrechen. In diesem Workshop wird das Phänomen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet, so dass eine umfassende Bestandsaufnahme geleistet werden kann.

Der Workshop bietet Einblicke in das Phänomen aus einer (wissenschaftlich gestützten) Betroffenenperspektive im Breitensport. Am Beispiel von Fußball und Kampfsport werden Erscheinungsformen des Antisemitismus und Entwicklungen in den Fanszenen präsentiert und Handlungsmöglichkeiten und Gegenmaßnahmen der professionellen Fanarbeit vorgestellt.

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Luis Engelhardt ist Erziehungswissenschaftler und Sportpädagoge und Projekteiter von „Zusammen1 – Für das, was uns verbindet“ in Trägerschaft von MAKKABI Deutschland und in Kooperation mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland. Zu seinen Kernaufgaben gehören die inhaltliche Ausrichtung und Entwicklung innovativer Ansätze und Strategien zur Realisierung von Antisemitismusprävention im Sport.

Robert Claus hat Europäische Ethnologie und Gender Studies in Berlin, Buenos Aires und Istanbul studiert. Er arbeitet zu den Themen Vielfalt und Antidiskriminierung, Rechtsextremismus und Prävention im Sport und seinen Fankulturen. Seit 2020 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem Modellprojekt „Vollkontakt – Demokratie und Kampfsport“.

Michael Gabriel ist Sportwissenschaftler und hat eine Zusatzausbildung in der Sozialen Arbeit absolviert. In seiner Funktion als Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte bei der dsj (KOS) ist er mit den Arbeitsschwerpunkten Fanprojekte, Fußball und Politik, Fanpolitik sowie Fußball und Gewalt betraut.

Workshopleitung: PD Dr. Philipp Graf, Hannah Sassim, Alexander Weidle

Im Schulunterricht und der politischen Erwachsenenbildung standen Fragen der Wissensvermittlung jüdischer Geschichte und Kultur bislang unter dem Primat der Antisemitismusprävention: Hinter der angestrebten Befähigung, Antisemitismus zu erkennen, kam die Vermittlung von Wissen über das Judentum als Religion, über jüdische Geschichte und Kultur sowie über gegenwärtiges jüdisches Leben in Deutschland in der Regel nicht vor. Das Seminar diskutiert den in der Öffentlichkeit in dieser Frage zu beobachtenden Paradigmenwechsel und präsentiert zugleich das erste im BMBF-Projekt „Das Objekt zum Subjekt machen. Jüdische Alltagskultur in Deutschland vermitteln“ erstellte Themenheft für den Unterricht, das sich der Vermittlung von Grundlagen jüdischer Religionspraxis wie Jahreslauf, Speisegesetzen, Schächten und Beschneidung widmet.

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PD Dr. Philipp Graf ist Historiker und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur - Simon Dubnow. Seit 2021 ist er Projektkoordinator im Verbund „Das Objekt zum Subjekt machen. Jüdische Alltagskultur in Deutschland vermitteln“. 2022 wurde er mit einer Arbeit über den Juristen Leo Zuckermann habilitiert.

Hannah Sassim ist wissenschaftliche Hilfskraft im Verbundvorhaben „Das Objekt zum Subjekt machen. Jüdische Alltagskultur in Deutschland vermitteln“. Sie studierte Psychologie (M.Sc.), Ethnologie und Journalismus (B.A.) an den Universitäten Leipzig, Concepción (Chile) und Guadalajara (Mexiko).
 
Alexander Weidle ist wissenschaftliche Hilfskraft im Verbundvorhaben „Das Objekt zum Subjekt machen. Jüdische Alltagskultur in Deutschland vermitteln“. Er studierte Deutsch, Geschichte und Erziehungswissenschaften für Gymnasiales Lehramt und arbeitet am einem Promotionsprojekt zur Vergemeinschaftung der „Buchenlanddeutschen“.

Workshopleitung: Ellen Fischer

Jüdische Kultur und Geschichte sind in den Lehrplänen an deutschen Schulen bisher eher fragmentarisch verortet. So mangelt es häufig an einer Darstellung der historischen Kontinuität der jüdischen Geschichte in der deutschen Gesellschaft sowie an einer möglichst diversen Darstellung dieser.

Durch die Entwicklung der Projekttage „Jüdisches Leben in Potsdam“ bekamen die Schüler:innen einer siebten Klasse nun die Gelegenheit, die jüdische Kultur und Geschichte tiefgehend, interaktiv und mit einem regionalen Bezug kennenzulernen. Sie besuchten Orte des jüdischen Lebens in Potsdam, konzipierten ihre eigenen Fragestellungen und erstellten mediale Produkte wie Podcasts, Erklärvideos, Fotoreportagen, Videos etc.

In diesem Workshop wird das Konzept der Projekttage auf interaktive Weise vorgestellt. Zudem werden Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit den Schüler:innen und den Lehrkräften geteilt. Gemeinsam erarbeiten wir Chancen und Herausforderungen, die sich bei der Vermittlung jüdischer Geschichte und Kultur ergeben können.

Die Projekttage zum Thema „Jüdisches Leben in Potsdam“ wurden dieses Jahr erstmalig vom Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien Potsdam mit Schüler:innen der siebten Klasse des Potsdamer Gymnasiums Bornstedt durchgeführt und bilden den Auftakt einer mehrjährigen Begleitung der Schulklassen mit weiteren Themenschwerpunkte der Geschichte von Jüdinnen und Juden in Brandenburg.

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Ellen Fischer hat Jüdische Studien mit dem Vertiefungsschwerpunkt „Holocaust-Studies“ studiert und arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien Potsdam im Bereich Outreach und Wissensvermittlung. Zudem ist sie als Bildungsreferentin bei der Gedenkstätte Deutscher Widerstand sowie bei der Ausstellung „Wir waren Nachbarn – Biografien jüdischer Zeitzeugen“ in Berlin tätig.

Podiumsdiskussion:

Moderation: apl. Prof. Dr. Gideon Botsch
Diskussionsteilnehmende: Dirk Spengler, Dr. Michael Kohlstruck, Heike Kleffner

Antisemitische Straf- und Gewalttaten, aber auch „Vorfälle“ (Incidents) unterhalb der Ebene der Strafbarkeit, werden durch verschiedene Akteure unterschiedlich erfasst, eingruppiert und bewertet. Werden Zahlen bekannt gegeben, so ist öffentliche Aufmerksamkeit sicher. Aber was sagen diese Zahlen aus? Warum weichen sie voneinander ab? Was unterscheidet zivilgesellschaftliches Monitoring von der Kriminalstatistik? Und welchen Aussagewert haben diese Statistiken für wissenschaftliche Forschungen? Diese Fragen werden auf dem Podium diskutiert.

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Heike Kleffner ist Journalistin und Autorin. Sie schreibt insbesondere über rechte Gewalt, Neonazis und die Situation von Geflüchteten. Von 2004 bis 2009 leitete sie die Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt. Sie ist Geschäftsführerin des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt.

Dr. Michael Kohlstruck hat Philosophie, Politische Wissenschaft und Germanistik studiert. Seit 2000 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin. Er leitet die „Arbeitsstelle Jugendgewalt und Rechtsextremismus“. Seine Arbeitsschwerpunkte sind zeitgenössischer Rechtsextremismus, Antisemitismus, Gewalt, Prävention, Erinnerungskultur und Geschichtspolitik.

Dirk Spengler arbeitete viele Jahrzehnte im Einsatz zur Bekämpfung der allgemeinen Kriminalität. Ab Mitte der 1990er Jahre übernahm er zudem verschiedene Leitungsfunktionen. Seit 2013 leitet er das Fachkommissariat „Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ im Polizeilichen Staatsschutz des Landeskriminalamtes Berlin. Seit 2019 fungiert er zudem als Multiplikator zum Thema Botschaftsverbrechen für verschiedene Institutionen.

apl. Prof. Dr. Gideon Botsch ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Potsdam und Leiter der Emil Julius Gumbel Forschungsstelle des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien.